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Der Wert der Biodiversität: Warum der Schutz von Artenvielfalt für unser Überleben entscheidend ist

Biodiversität prägt unser Leben. Der Rückgang der Artenvielfalt auf unserem Planeten ist auch eine Bedrohung für den Menschen: Gibt es weniger Insekten, werden beispielsweise weniger Blüten bestäubt, haben Vögel weniger zum Fressen und würden Ernten geringer ausfallen.

UN Photo/Mark Garten

Mittlerweile stirbt durchschnittlich fast alle zehn Minuten eine Tier- oder Pflanzenart auf der Welt aus. Allein in Deutschland gelten über 7.000 Tierarten als gefährdet oder sind akut vom Aussterben bedroht. Wenn es so weitergeht, werden wir laut der Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen (IPBES) bis 2030 von den geschätzten acht Millionen Pflanzen-, Tier- und Pilzarten fast eine Million verloren haben. Laut dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity) – kurz CBD – soll diese Abwärtsspirale bis 2030 gestoppt werden. Das ist eine riesige Aufgabe: Denn laut einer Befragung von mehr als 3.000 Experten und Expertinnen aus dem Jahr 2022 sind bereits fast ein Drittel aller Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht.

Biodiversität als Grundlage für unser Leben

Die CBD trat 1993 in Kraft und hat Stand 2023 insgesamt 196 Mitgliedsstaaten. Sie ist das wichtigste völkerrechtliche Abkommen für den globalen Schutz der Biodiversität und macht es sich zur Aufgabe, Artenvielfalt zu schützen. Denn der Verlust von Arten kann eine echte Gefahr für den Menschen selbst, die Sicherung von Nahrung und die Gesundheit des Planeten darstellen. Artenvielfalt sichert zum Beispiel frisches Wasser, saubere Luft und eine gesunde Nahrungskette. Wenn bestimmte Arten aussterben, können diese Lebensgrundlagen allerdings in ihrer Qualität beeinträchtigt werden oder sogar ganz wegfallen. Sterben bestimmte Tiere und Pflanzen aus, führt das zu Kettenreaktionen, die das gesamte Ökosystem – von dem auch der Mensch ein Teil ist – aus dem Gleichgewicht bringen können.

Schon 2022 warnte die Welternährungsorganisation (FAO) davor, dass etwa das weltweite Bienensterben den Menschen unmittelbar betrifft, da Bienen helfen, Nahrung zu produzieren und für ertragreiche Ernte sorgen. So ist mit der Gefährdung der Bienen auch die weltweite Ernährungssicherheit gefährdet. Über zwei Drittel unserer Feldfrüchte wie Obst, Gemüse, Kaffee und Kakao sind auf natürliche Bestäuber wie Insekten angewiesen. Doch schon jetzt sind über ein Drittel aller Insektenarten weltweit vom Aussterben bedroht. Die Notwendigkeit von Artenvielfalt wird auch anderen Bereichen deutlich: Ohne Algen oder Bäume gäbe es zum Beispiel keinen Sauerstoff. 

Direkte Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen 

Bestimmte Arten haben eine sogenannte „Schlüsselfunktion“ im Kreislauf des Ökosystems und somit direkten Einfluss auf die Existenz anderer Lebensformen. Ein gutes Beispiel sind jagende Tierarten wie der Wolf, die eine Überpopulation von Pflanzenfressern verhindern. Ein anderes Beispiel sind Ameisen, eine Art Bindeglied zwischen Boden und Bäumen. Sie sorgen dafür, dass liegende Holzstämme oder Baumstümpfe schneller verrotten und zu wertvoller Erde werden. Außerdem tragen sie durch den Neu- und Umbau ihrer Hügel dazu bei, dass der Waldboden durchmischt und durchlüftet wird. Pflanzen können so besser wachsen und auch besser Sauerstoff produzieren. Auch andere kleine und unscheinbare Tiere nehmen eine zentrale Rolle in Ökosystemen ein: Regenwürmer etwa lockern die Erde auf. Das ist wichtig, weil so Regenwasser besser aufgenommen und gespeichert werden kann. Gerade dann, wenn es länger nicht geregnet hat, ist dies wichtig, um Überschwemmungen zu vermeiden und den Pflanzen Zugang zu dem lebenswichtigem Wasser zu geben. 

Plankton ist ein weiteres Beispiel: Es bindet CO2 und wird von vielen Meerestieren gefressen. Durch das Abschmelzen von Gletschern gelangen mehr Schadstoffe in das Wasser, was einen direkten Einfluss auf Plankton und somit auf die Nahrungsgrundlage für viele weitere Wassertiere hat. Einer Studie zufolge befindet sich auch Plastik bereits im Magen jedes dritten Meeresvogels und in vielen Fischarten. Durch den menschlichen Fischkonsum dringt Mikroplastik dann auch in unsere Nahrungskette ein. Die möglichen Auswirkungen für unsere Gesundheit sind noch kaum erforscht. Auch der Einsatz von zu viel Pestiziden und Insektiziden durch den Menschen schadet der Umwelt. Insektizide können sogar den Menschen vergiften, dass wenn sie geschluckt, eingeatmet und durch die Haut aufgenommen werden.

Hauptgründe für das Aussterben von Pflanzen- und Tierarten

Für das Aussterben von Arten sind in erster Linie die Ausbeutung von Land, Tier und Natur durch den Menschen, der Klimawandel sowie die Umweltverschmutzung von Meeren und Wäldern verantwortlich. Das sind alles Aspekte, die durch Menschen beeinflusst werden. Laut verschiedenen Forschungen und dem Umweltbundesamt gibt es verschiedene „Kipppunkte“, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und einen enormen Einfluss auf die Artenvielfalt haben: Korallensterben, Abholzung des Amazonaswaldes oder schmelzende Eisflächen.

Als Hauptursachen identifizieren die UN Übernutzung durch nicht nachhaltige Jagd, Überfischung und Beifang und den Verlust und die Zerstörung von Lebensräumen. Ein zentraler Faktor ist aber auch die Landwirtschaft samt ihrer Monokulturen: Insekten und andere Lebewesen brauchen verschiedene Pflanzen und Blüten, um zu überleben. Auch der Klimawandel schadet der Artenvielfalt: Tier- und Pflanzenarten können sich nicht so schnell an die neuen Gegebenheiten und höhere Temperaturen anpassen und finden weniger Nahrung. Die Ausbeutung des Menschen ist damit der Hauptgrund dafür, warum Artenschutz überhaupt notwendig ist.

Was kann Biodiversität und den Erhalt von Artenvielfalt retten?

Vom 12. bis 17. Februar 2024 fand in Samarkand in Usbekistan die 14. Artenschutz-Konferenz des Übereinkommens zur Erhaltung wandernder Tierarten (CMS) statt. Auch der erste Bericht zum „State of the World’s Migratory Species“ wurde von den UN veröffentlicht und enthält aktuelle Erkenntnisse rund ums Thema Artenschutz. Die EU-Biodiversitätsstrategie sieht vor, bis 2030 innerhalb der EU 50% weniger Pestizide einzusetzen sowie 25% biologische Landwirtschaft und 30% der Flächen als Schutzgebiete einzuführen. Generell werden laut der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) im Jahr ca. 78 bis 91 Milliarden US-Dollar in den Erhalt von Artenvielfalt investiert.

Jedoch fließt etwa das fünf- bis sechsfache Geld in Bereiche, die die Biodiversität des Planeten schädigen. Deswegen sind sich Experten und Expertinnen einig, dass es beim Schutz von Biodiversität und Artenvielfalt viel zu langsam vorangeht. Die dem CBD angehörigen Staaten arbeiten zwar weiterhin an neuen Maßnahmen und Abkommen zum Artenschutz, laut globalen Berichten werden diese jedoch unzureichend umgesetzt. Die Bevölkerung sieht die Lösung für den Schutz von Artenvielfalt oft in Zoos und Tierparks. Andere wiederum in der veganen oder vegetarischen Ernährung. Dabei gibt es aber nicht den einen, richtigen Weg. Nur eins steht fest: Wir müssen Artenvielfalt nachhaltig und langfristig schützen – in unserem eigenen Interesse.

Philine Felicitas Elster

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