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Zusammenarbeit für Entwicklung

Was bedeutet Ent­wicklung? Was muss Ent­wicklungs­zusammen­arbeit leisten? Und wer defininiert, wie Fort­schritt aus­sieht? Diese Fragen wurden in den letzten Jahr­zehnten intensiv diskutiert. Auch die Entwicklungs­arbeit der Vereinten Nationen unterlag einem Wandel.

 

Eine Frau gibt verabreicht einem Mann eine Schluckimpfung in den geöffneten Mund.
Mitarbeiter der WHO verteilen Impfungen gegen Cholera in Haiti. (UN Photo/Logan Abassi)

Obwohl die Idee der "Ent­­wicklung" eine lange ideen­­­geschicht­liche Tradition hat, wurde sie als Konzept erst nach dem 2. Welt­­krieg politisch wirk­mächtig. Als ein ein­­schlägiges Datum wird oft die zweite Antritts­­­rede von US-Präsidenten Harry S. Truman im Jahr 1949 genannt, in der er Menschen in unter­­­ent­wickel­ten Gebieten versprach, ihnen durch Investitionen und technischen Fort­schritt zu einem besseren Leben zu verhelfen.

Von einer Idee zu den Institutionen

Für Truman war Ent­wicklungs­­­hilfe vor allem ein nützliches Instrument im Kampf gegen den erstarkenden Kommunismus. Seinem Ansatz wohnt eine klare Unter­­teilung in entwickelte und unter­­­entwickelte Staaten inne. Dennoch, Trumans Rede führte dazu, dass Ent­­wicklungs­­­hilfe Teil der nord­­­amerikanischen und europäischen Politik der späten 1940er und frühen 1950er Jahre wurde. In der Folge entstanden zahl­reiche inter­nationale Orga­ni­sationen in diesem Bereich, auch unter dem Dach der Vereinten Nationen. Vor allem zu Beginn wurde die Idee von Ent­­­wicklung im Rahmen dieser inter­nationalen Organisationen ins­besondere von europäischen und nord­­­amerikanischen Interessen geprägt. Die De­kolonialisierung führte aller­dings zu wachsender Präsenz der ent­­­kolonialisierten Entwicklungs­­­länder in entsprechenden Orga­nisationen.

Entwicklungszusammenarbeit in der Kritik

Trotzdem blieb diese Partner­schaft für Ent­wicklung eine un­gleiche Beziehung, vor allem, weil Expertise, Wissen um Technologien und Informationen in der Regel von den „entwickelten“ an die „unter­entwickelten“ Länder weiter­gegeben wurden. In den 1980er Jahren etablierte die Welt­bank mit ihren makro­­ökonomischen Struktur­anpassungs­­pro­grammen eine Politik der Effizienz­steigerung und Flexi­­bilisierung der Ökonomien des globalen Südens. Ziel war es, staat­liche Inter­­vention zugunsten von vermeintlich effektiveren Markt­mechanismen zurückzudrängen. Allerdings wurden die damit verbundenen Hoff­nungen nur selten erfüllt. Statt­dessen lieferte die markt­­orientierte Ent­­wick­lungs­zusammen­­arbeit bis in die 1990er Jahre häufig negative Resultate. In anderen Kontexten war Ent­­wicklungs­­zusammen­­arbeit jedoch durchaus in der Lage, Lebens­­umstände vor Ort konkret zu verbessern. Verall­gemeinerungen in der Bewertung von Entwicklungs­zusammen­­arbeit sind daher wenig ziel­führend. Statt­dessen muss fortwährend kritisch analysiert werden, wem welche Programme in welchem Umfang helfen und wie eventuelle Fehl­­ent­­wicklungen verhindern werden können.

Gibt es ein Recht auf Entwicklung?

Das Recht auf Entwicklung, Artikel 1

"Das Recht auf Entwicklung ist ein unver­äußer­liches Menschen­recht, kraft dessen alle Menschen und Völker Anspruch darauf haben, an einer wirt­schaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Ent­wicklung, in der alle Menschen­rechte und Grund­frei­heiten voll verwirklicht werden können, teil­zuhaben, dazu beizu­tragen und daraus Nutzen zu ziehen." (Artikel 1, Erklärung der UN-Generalversammlung über das Recht auf Entwicklung)

Verpflichtung zur internationalen Zusammenarbeit, Artikel 3

"Die Staaten haben die Pflicht, miteinander zusammen­zu­arbeiten, um Ent­wicklung herbei­zuführen und Ent­wicklungs­­hinder­nisse zu beseitigen. Die Staaten sollten ihre Rechte so wahr­nehmen und ihren Pflichten so nachkommen, dass hier­durch eine neue inter­­nationale Wirtschafts­­ordnung auf der Grund­lage der souveränen Gleich­heit, der Inter­­dependenz, der gemein­samen Interessen und der Zusammen­­arbeit zwischen allen Staaten sowie die Wahrung und Verwirk­lichung der Menschen­­rechte gefördert werden." (Artikel 3, Erklärung der UN-Generalversammlung über das Recht auf Entwicklung)

Entwicklungspolitik, Artikel 4

(1) "Die Staaten haben die Pflicht, einzeln und gemein­schaftlich Maß­nahmen zur Auf­stellung inter­nationaler Ent­­wicklungs­politiken zu er­greifen, die darauf gerichtet sind, die volle Verwirk­lichung des Rechts auf Ent­wicklung zu erleichtern."

(2) "Zur Förderung einer rascheren Ent­wicklung der Ent­wicklungs­­länder sind konsequente Maß­nahmen er­forder­lich. Ergänzend zu den Anstrengungen der Entwicklungs­länder ist eine wirksame inter­nationale Zusammen­­arbeit uner­lässlich, damit diese Länder die geeigneten Mittel und Ein­richtungen erhalten, um ihre umfassende Ent­wicklung weiter vor­antreiben zu können." (Artikel 4, Erklärung der UN-General­­versammlung über das Recht auf Ent­wicklung)

Entwicklung: Ein problematischer Begriff

Der Begriff „Entwicklung“ wurde und wird von vielen als euro­­zentristisch und autoritär kritisiert. Euro­­zentristisch, weil der soziale Wandel in West­­europa, Nord­­amerika und Japan als gegebener Fort­schritt mensch­­licher Ent­wicklung angesehen wird. Autoritär, von Experten, die die Meinung vertreten, dass damit Denk­modelle der Kolonial­­zeit weiter­geführt werden. Auch die Koppelung der Begriffe Wachs­tum und Ent­wicklung zu einem markt­liberalen Credo wird häufig kritisiert.

Seit der Krise der Ent­wicklungs­­theorie in den 1980er Jahren sind eine Reihe neuer Konzepte erdacht worden. Unter dem Namen „Post-Development“ hat sich ein Ansatz heraus­gebildet, dessen Vertreter vereinzelt die Ab­schaf­fung von Entwicklungs­­theorie und -praxis fordern. Diese fundamentale Infrage­­stellung hat vehementen Wider­­spruch ausgelöst. Gleich­wohl hat die Debatte zu einer Trans­­formation des Entwicklungs­d­iskurses geführt. Trotz der ange­führten Kritik werden in der öffent­lichen Debatte jedoch auch heute noch fast aus­­schließlich die Begriffe "Entwicklungs­­politik", "Entwicklungs­­zusammen­­arbeit" und "Entwicklung" genutzt. Der Begriff der "Entwicklungs­­hilfe" verschwindet allerdings mehr und mehr. 

Die Ära Internationaler Zielsetzungen

Die Einführung messbarer Ziele, war ein wichtiger Schritt, um entwicklungs­­politische Maß­nahmen trans­parenter und effektiver zu machen. Erstmals geschaffen wurde solch ein gemein­samer Rahmen mit über­prüf­baren Ziel­setzungen durch die Etablierung der Millennium Development Goals (MDGs) im Jahr 2000.

Im Jahr 2015 wurden diese von den Sustainable Development Goals (SDGs) abgelöst. Die SDGs gehen noch einen Schritt weiter, weil sie eine grund­legend neue Definition von Entwicklungs­zusammen­­arbeit mit sich bringen: Die insgesamt 17 Ziele für nach­­haltige Ent­wicklung haben erstmals universelle Gültig­keit, gelten also auch für die Länder des globalen Nordens. Staaten wie Deutsch­land werden in die Pflicht genommen, die Ziele durch verant­wortungs­volle auswärtige, aber auch nationale Politik umzusetzen. So soll beispiels­­weise verhindert werden, dass eine aus­­beuterische Wirtschafts­­politik der erfolg­­reichen Entwicklungs­­zusammen­arbeit im Wege steht.

Der Weltentwicklungsbericht

Der Welt­­entwicklungs­­bericht (World Development Report) wird seit 1978 jährlich von der Welt­­bank heraus­gegeben. Er beinhaltet Analysen und Politik-Empfehlungen und gehört zu den entwicklungs­­politischen Standard­­werken. Mehr Infos sowie die Berichte zum Download gibt es auf der Webseite der Weltbank.

Internationale Institutionen der Entwicklungs­zusammen­arbeit

Verschiedene UN-Institutionen sind, unter Aufsicht der General­­versammlung und des Wirtschafts- und Sozial­rats (ECOSOC), häufig in Partner­­schaft mit Regie­rungen und Nicht­­regierungs­­organisationen in der Ent­wicklungs­zusammen­arbeit tätig.

Zu den entwicklungs­politisch aktivsten Fonds und Programmen der Vereinten Nationen zählen das Entwicklungs­­programm (UNDP), der Bevölkerungs­­fonds (UNFPA), das Umwelt­­programm (UNEP) sowie das Programm für mensch­­liche Siedlungen (UN-HABITAT), und außerdem mit Schwer­punkt auf der humanitären Hilfe, das Kinder­hilfs­­werk (UNICEF) und das Welt­­ernährungs­­programm (WFP). Obwohl auch ihre Arbeit mit den normativen Grund­­lagen der Vereinten Nationen verbunden ist, leisten die Fonds und Programme hauptsächlich operative Arbeit vor Ort. Ihr Schwer­punkt liegt auf der technischen Zusammen­­arbeit und Kapazitäts­entwicklung. Das heißt, im Vorder­­grund steht die Stärkung der Leistungs­­fähigkeit von Menschen und Organisationen – etwa durch die Bereit­­stellung von Beratungen oder Schulungen. Fonds und Programme finanzieren sich nahezu ausschließlich aus frei­willigen Beiträgen.

Darüber hinaus sind auch diverse Sonder­­organisationen und andere mit dem UN-System verwandte Organisationen entwicklungs­­politisch aktiv. Zu diesen gehören die Ernährungs- und Land­­wirtschaft­s­organisation (FAO), die Inter­­nationale Arbeits­organisation ILO, die Organisation für Erziehung, Wissen­schaft und Kultur (UNESCO) sowie die Welt­­gesundheits­organisation (WHO).

Im Rahmen ihrer jeweiligen Mandate sind die Sonder­­organisationen auf verschiedenen Ebenen tätig. So wirken sie wesent­lich an der Ent­stehung und Weiter­­entwicklung welt­weit gültiger Normen, Standards und Empfehlungen mit und fördern und kontrollieren deren Umsetzung. Die Sonder­organisationen sind zudem auf den Gebieten Forschung, Information und Dokumentation tätig. Schließlich planen sie ent­wicklungs­­politische Maßnahmen im Rahmen ihrer Arbeits­­schwer­punkte und setzen diese um.

Um die Teilnahme der Entwicklungs­­länder an der globalen Wirt­schaft zu fördern, unterstützt die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Ent­wicklung (UNCTAD) den inter­­nationalen Handel. UNCTAD arbeitet mit der Welt­handels­organisation (WTO) zusammen, um die Exporte der Ent­wicklungs­­länder zu fördern.