Bevölkerungsentwicklung
Die Entwicklung der weltweiten Bevölkerungszahlen spielt für das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und damit auch für die Umsetzung der Agenda 2030 eine zentrale Rolle. Während viele Länder des globalen Südens vor der Herausforderung hoher Geburtenzahlen stehen, sind die Gesellschaften in Industriestaaten häufig von Überalterung betroffen.
Die Vereinten Nationen erarbeiten in regelmäßigen Abständen Prognosen und Berichte zur weltweiten Bevölkerungszahl. Laut der Bevölkerungsprojektion von 2019 wächst die Weltbevölkerung weiter an, allerdings langsamer als in der jüngeren Vergangenheit. Nach den derzeitigen Schätzungen der Vereinten Nationen werden im Jahr 2030 rund 8,5 Milliarden Menschen auf der Welt leben. Bis 2050 wächst die geschätzte Zahl auf 9,7 Milliarden, bis 2100 auf etwa 10,9 Milliarden.
Wie in der Vergangenheit wird das Bevölkerungswachstum den Prognosen zufolge auch in der Zukunft sehr ungleich verteilt sein. Gerade für Länder des globalen Südens werden besonders hohe Geburtenraten prognostiziert, während die Bevölkerung in vielen Industriestaaten kaum wächst oder sogar schrumpft. So gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass über die Hälfte des weltweiten Wachstums bis 2050 auf afrikanische länder südlich der Sahara entfallen. Am zweitstärksten wächst die Zahl der Menschen demnach in Asien. Laut Bevölkerungsprojektion konzentriert sich ein Großteil des Bevölkerungszuwachses auf nur neun Länder. Dazu gehören afrikanische Staaten mit besonders hohen Geburtenraten, etwa die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Nigeria und Tansania sowie einwohnerstarke asiatische Staaten, etwa Indien, Pakistan und Indonesien. Europa und Nordamerika sind die einzigen Regionen der Welt für die bis 2050 ein Rückgang der Bevölkerung prognostiziert wird.
Hohe Geburtenraten in Ländern des globalen Südens
Die hohen Geburtenraten in Ländern des globalen Südens sind oft auch ein Ausdruck der ungleichen Verteilung von Chancen. Der Weltbevölkerungsbericht 2017 des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) schildert die gravierenden Auswirkungen fehlender sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte. „Ohne Zugang zu Verhütungsmitteln besteht für arme Frauen, insbesondere wenn sie nur wenig Bildung genossen haben und auf dem Land leben, ein erhöhtes Risiko, ungewollt schwanger zu werden. Dies kann Gesundheitsrisiken und lebenslange ökonomische Nachwirkungen zur Folge haben. Wenn Frauen nicht selbst bestimmen können, ob, wann oder wie häufig sie schwanger werden wollen, behindert dies ihren Bildungszugang, verzögert ihren Eintritt in das Berufsleben und schmälert ihr Einkommen.“ Die Bedingungen der Fortpflanzung und Familienplanung bleiben in der Debatte um Ungleichheit oft ein vernachlässigter Aspekt. Dabei sind die Ursachen für die globale Kluft zwischen Arm und Reich vielschichtig. Ungewollt hohe Geburtenraten können andere Benachteiligungen verstärken. „Ohne entsprechende angemessene Gegenmaßnahmen werden viele Frauen und Mädchen in einem Teufelskreis von Armut, mangelhaften Fähigkeiten, nicht verwirklichten Menschenrechten und nicht ausgeschöpftem Potenzial gefangen bleiben – insbesondere in Entwicklungsländern, wo die Unterschiede am größten sind.“
Reproduktive Gesundheit und Rechte
„Für eine Welt in der jede Schwangerschaft gewollt ist“, dafür setzt sich der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) ein. Denn das Recht auf körperliche Autonomie und damit die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob, wann und mit wem man schwanger werden möchte, ist ein Menschenrecht. Das Menschenrecht der reproduktiven Selbstbestimmung wurde in den letzten fünf Jahrzehnten in zahlreichen Menschenrechtsabkommen anerkannt. Im selben Zeitraum ist die weltweite Verfügbarkeit von wirksamen und modernen Verhütungsmitteln rasant angestiegen. Und dennoch: Die Hälfte aller Schwangerschaften weltweit ist ungewollt. Laut neuster UN-Daten von 2022 sind nur 57 Prozent aller Frauen weltweit in der Lagen, selbst ihre Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und ihre Rechte zu treffen.
Frauen und Mädchen geschlechtsspezifisch zu diskriminieren und ihnen ihre körperliche Selbstbestimmung zu verwehren oder vorzuenthalten, ist falsch. Es verursacht und verstärkt Ungleichheiten und Gewalt. Die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen sowie entsprechende Maßnahmen sind Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung. Können Frauen und Mädchen grundlegende Entscheidungen über ihren Körper treffen, stärkt das nicht nur ihre Souveränität, sondern auch ihre Gesundheit und Bildung, ihr Einkommen und ihre Sicherheit. Dies ist ein fundamentaler Beitrag zum erreichen zahlreicher SDGs und einer gerechteren Welt mit mehr menschlichem Wohlergehen.
Alterungstrends
Weltweit steigt die Lebenserwartung der Menschen. Zusammen mit der in Ländern des globalen Südens langsam sinkenden Geburtenrate führt das zu einem globalen Alterungsprozess. Im Jahr 2018 hat die Anzahl der Menschen von 65 Jahren oder älter das erste Mal in der Menschheitsgeschichte die Anzahl der Kinder unter fünf Jahren weltweit überholt. Ein schneller Alterungsprozess wird für die gesamte Welt prognostiziert, so wird die Anzahl der über 65-Jährigen zwischen 2019 und 2050 von 703 Millionen auf 1,5 Milliarden ansteigen und sich damit mehr als verdoppeln, während die Anzahl der Kinder unter fünf relativ unverändert bleiben wird. [[Während heute einer von elf Menschen weltweit über 65 Jahre alt ist, werden 2050 einer von sechs Menschen über 65 Jahre alt sein.
In Asien lebt 2019 mit 37 Prozent der größte Anteil der alternden Bevölkerung der Welt und dies wird voraussichtlich auch im Jahr 2050 so bleiben. Der zweitgrößte Anteil der älteren Menschen lebt derzeit mit 28 Prozent in Europa und Nordamerika, doch wird sich dieser Anteil bis 2050 auf 19 Prozent der alternden Bevölkerung der Welt reduzieren.
Die Alterung der Bevölkerung hat einen erhöhten Druck auf die Alterssicherungssysteme und damit auf die Volkswirtschaften allgemein. Besonders in Ländern, in denen öffentliche Transfers hoch sind, darunter viele Ländern in Europa und Latein Amerika, wird die Bevölkerungsalterung den finanziellen Druck auf die öffentlichen Transfersysteme erhöhen. In Ländern, in denen die öffentlichen Transfers relativ niedrig sind, wie in vielen Ländern in Südasien und Südostasien, stehen Einzelpersonen und Familien unter größerem Druck ihren Konsum im Alter zu finanzieren. Regierungen weltweit stehen damit vor der Frage, wie Sozial-, Renten- und Gesundheitssysteme angesichts des demografischen Wandels neu organisiert werden können. Auch Zuwanderung spielt für die Bevölkerungsentwicklung – vor allem in den Industrieländern – eine entscheidende Rolle. Viele wohlhabende Länder könnten schon heute einen Bevölkerungsrückgang nur durch die Aufnahme von Migrantinnen und Migranten verhindern.
Geschlechterverhältnis bei Geburten weltweit
Derzeit fehlen weltweit mehr als 140 Millionen Frauen aufgrund von geschlechtsselektiver Abtreibung weiblicher Föten. Um die 95 Prozent davon in China und Indien, den beiden bevölkerungsreisten Ländern der Welt. Die Anzahl fehlender Frauen hat sich in den letzten 50 Jahren weltweit mehr als verdoppelt, Tendenz weiterhin steigend. Aussteuer für Mädchen und die Vorliebe von Jungen aufgrund der Religion sowie kulturelle Gründe liegen der Entwicklung der selektiven Abtreibungen unter anderem zugrunde.
Die Zunahme der Geschlechtswahl ist alarmierend, da sie den anhaltend niedrigen Status von Frauen und Mädchen weltweit widerspiegelt. Das daraus resultierende Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern hat auch schädliche Auswirkungen auf die Gesellschaften und die Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die Entwicklung bringt enorme soziale, menschenrechtliche und sozioökonomischen Auswirkungen mit sich.
So wurde die Zunahme von sexueller Gewalt und Menschenhandel bereits mit diesem Phänomen in Verbindung gebracht. Der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) ruft dazu auf, dem Problem auf globaler Ebene mehr Aufmerksamkeit zu schenken und die Bemühungen um die Entwicklung von Programmen und Strategien zur Beendigung aller Formen von Diskriminierung, einschließlich der Bevorzugung von Söhnen und der geschlechtsspezifischen Geschlechtswahl, zu beschleunigen.