Staatengemeinschaft findet auf der COP 16 Konsens für Biodiversitätsschutz
Wer heute zu viele Nachrichten liest, läuft Gefahr, seinen Glauben in die Menschheit zu verlieren. Rücksichtslose Staatschefs beleidigen andere und riskieren so Kriege eskalieren zu lassen, der Klimawandel wird trotz Katastrophen weiter angefeuert und radikale Parteien gewinnen an Stimmen. Doch es gibt auch gute Nachrichten für unsere Zukunft. Auf der COP 16, der 16. Vertragsstaatenkonferenz (COP 16) des Übereinkommens über biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD), wurde eine Einigung erzielt. Über 140 Staaten fanden auf dem dreitägigen Treffen einen Konsens bei wichtigen Kernpunkten für den Schutz der Biodiversität bis 2030 und darüber hinaus. Neben Finanzierungsfragen einigten sich die Staaten auch auf verschiedene Parameter, um Biodiversitätserfolge weltweit festzustellen. Verhandlungen in Kolumbien 2024 scheiterten, da zu viele Delegierte vor einer Entscheidung abreisten, nachdem die Abschlusssitzung deutlich überzogen wurde. Die Einigung jetzt ist eine gute Nachricht für die Natur – und auch für das Überleben der Menschheit.
Ohne Biodiversität kein Überleben
Artenvielfalt ist Kernbestandteile der weltweiten Ökosysteme. „Klimawandel entscheidet, wie wir in Zukunft leben. Die Biodiversitätskrise entscheidet, ob wir überleben“, ist ein bekanntes Zitat der Biologieprofessorin Katrin Böhning-Gaese vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Von der Biodiversität sind nicht nur die globalen CO2-Systeme abhängig, auch die Ernährung der Menschheit stützt sich auf Artenvielfalt. Mit der CBD wird sie geschützt.
Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) trat 1993 in Kraft und ist das wichtigste völkerrechtliche Abkommen für den globalen Schutz der Biodiversität. Die CBD hat zum Ziel, die biologische Vielfalt zu erhalten und daraus entstehende Ressourcen nachhaltig und gerecht zu nutzen. Es ist vergleichbar mit dem Pariser Klimaabkommen. Auf den CBD COPs werden alle zwei Jahre wichtige Entscheidungen für den weltweiten Erhalt der Biodiversität getroffen.
Finanzierungsfragen auf der COP
So auch in Rom vergangene Woche, vom 25. bis zum 27. Februar. Geeinigt wurde sich von den über 140 anwesenden Staaten insbesondere auf wichtige Finanzfragen, um die 2022 in Montreal festgelegten Ziele einzuhalten. Dort wurde im Dezember 2022 vereinbart, dass man bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen schützen wolle, was unter das Stichwort ‚30x30‘-Ziel gefasst wurde. Auch wurde entschieden, dass die Industrieländer bis 2025 jährlich 20 und bis 2030 mindestens 30 Milliarden US-Dollar zum Schutz der Artenvielfalt für Schwellen- und Entwicklungsländer bereitstellen sollten - und dass zusätzlich 500 Milliarden US-Dollar jedes Jahr an umweltschädlichen Subventionen abgebaut werden sollen. Bisher klafft für diese Ziele eine jährliche Lücke von 200 Milliarden US-Dollar. Der Kompromiss in Rom bringt die Staatengemeinschaft indirekt einen Schritt näher, diese Lücke zu schließen.
‚Roadmap‘ für zukünftige Finanzen
In Rom wurde sich auf Donnerstag nicht auf konkrete Fonds geeinigt. Stattdessen wurde ein Plan geschaffen, wie Biodiversitätsschutz auch zukünftig finanziert werden kann. Dafür sollen Staaten besser vernetzt werden. Mittel sollen schneller beschaffen werden, indem regelmäßig internationale Dialogveranstaltungen zu diesem Thema stattfinden. Dort sollen sich Umwelt- und
Finanzminister und -ministerinnen von ärmeren und reicheren Ländern austauschen. Außerdem soll ein Expertengremium mehr Beitragsstaaten festlegen.
Der Plan gibt auch konkrete Ziele vor, was die Staaten auf den nächsten COPs entscheiden sollen. Auf der COP 17 in Armenien sollen 2026 Kriterien für neue Finanzstrategien entwickelt werden. Auf der COP 18 sollen nach diesen Kriterien neue Fonds entwickelt werden. Bis 2030 zur COP 19 sollen diese Fonds funktionsfähig sein.
Cali-Fonds und Monitoring
Neu ist der sogenannte ‚Cali-Fonds‘. Unternehmen, die genetische Codes von Pflanzen und Tieren für ihre Produkte nutzen, sollen als Gegenleistung Geldmittel für Biodiversität in diesen Fonds einzahlen. In der Abschlusserklärung der Konferenz heißt es, dies „öffne ein neues Kapitel für private Biodiversitätsfinanzierung“. Die Beschlüsse sollen helfen, die auf der COP 15 beschlossenen Ziele einzuhalten.
Ein weiterer Meilenstein der COP 16 sind die Parameter, um Biodiversitätserfolge festzustellen. Am Rande der Konferenz sagte dazu Friedrich Wulf, der beim Schweizer Umweltverband pro natura Projektleiter für Politik und Internationales ist: „Und man kann damit arbeiten, das ist sehr wichtig - weil wir ja auf der nächsten COP in Armenien den Zwischenbericht bereits überprüfen: Wie gut sind wir mit der Umsetzung der Ziele, die wir uns in Montreal 2022 vorgenommen haben?“
Monitoring, also Erfolge konkret zu überwachen, ist wesentlich, um die Effektivität der Artenschutzmaßnahmen zu überprüfen. Bislang habe es solche einheitlichen Parameter nicht gegeben, erläutert Wulf. Mit dem in Rom vereinbarten Überwachungsmechanismus soll künftig die tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen überprüft werden.
Stimmen zur Einigung
Auf der COP allgemein herrschte den ganzen Tag eine angespannte Stimmung. Bis zum Schluss war nicht klar, ob es eine Einigung geben würde. Umso erleichterter zeigen sich nun alle Parteien: „Die Tage in Rom haben gezeigt, dass alle Vertragsparteien entschlossen sind, die Umsetzung des Globalen Rahmens für die biologische Vielfalt voranzutreiben. Die Präsidentschaft der COP 16 erkennt die die kollektiven Bemühungen um einen Konsens in wichtigen Fragen, die in Cali offengeblieben waren“, sagte Susana Muhamad, Präsidentin der COP 16. Die USA sind kein Teil der Konferenz und haben die CBD nicht ratifiziert, sind jedoch klassischerweise als Beobachter vertreten. Die neue Administration unter US-Präsident Donald Trump hatte jedoch keine Delegation versendet.
Maximilian Seidel