Internationaler Tag des Tees – Welche Rolle spielen Menschenrechte und Klimaschutz?
Nach Wasser ist er das weltweit beliebteste und gleichzeitig eines der ältesten Getränke der Welt: Tee wird seit über 5 000 Jahren getrunken. Allein im vergangenen Jahr wurden auf der Welt 6,7 Milliarden Kilogramm Tee konsumiert. Allerdings hat das Kultgetränk auch Schattenseiten: Umwelt, Tiere und Menschen leiden unter den Anbau- und Erntebedingungen. 2015 wurden weltweit nur gut 900 000 Tonnen nachhaltiger Tee produziert.
Zunehmende Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen betreffen dabei nicht nur die Teeplantagen, sondern auch die Existenzen von mehr als 13 Millionen Menschen, die in der Tee-Branche tätig sind. Der Internationale Tag des Tees ist deshalb kein bloßer Festtag, sondern auch Anlass, eine nachhaltige und umweltfreundliche Teeproduktion voranzutreiben.
Teeanbau: Armut und gesundheitsschädliche Produktionsbedingungen
Die Herstellung von Tee ist in vielen Familien die Haupteinnahmequelle, um deren Lebensgrundlage zu sichern. Dabei wird oft unter menschenunwürdigen Bedingungen gearbeitet: Viele Arbeiterinnen und Arbeiter in der Tee-Branche sind mit unfairen Löhnen, ungesetzmäßigen Arbeitszeiten, fehlenden oder schlechten Schutzmaßnahmen für ihre Gesundheit und Kinderarbeit konfrontiert.
Speziell Frauen, die einen Großteil der Teeblätter auf den Plantagen pflücken, sind oft Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingungen ausgesetzt. In Indien verdienen Frauen beispielsweise umgerechnet circa ein bis zwei Euro am Tag. Oxfam veröffentlichte 2019 eine Studie, aus der hervorgeht, dass durchschnittlich nur vier Cent vom Supermarkt-Endpreis an die Menschen geht, die den Tee pflücken. Mehr als 86 Prozent bleiben beim Supermarkt selbst, 20 Cent erhält der Zwischenhandel, 16 Cent die Plantagenbesitzer und vier Cent die dort arbeitenden Teepflückerinnen. Ein Großteil der Arbeiterschaft in der Tee-Branche muss ohne sauberes Trinkwasser und Nahrungsmittel arbeiten, während sie häufig Krankheiten wie Gelbsucht, Cholera und Typhus ausgesetzt ist. Diese Bedingungen haben sich weltweit laut der Studie in den letzten Jahren kaum gebessert.
Schleppende Bekämpfung vielseitiger Probleme
Zudem gibt es weitreichende Diskussionen rund um die die Verwendung von Pestiziden, Wasserverbrauch und Verschmutzung, sowie die Entwaldung von Gebieten und Bodenerosionen für den Teeanbau. Insbesondere die Benutzung chemischer Pestizide schadet den Böden, dem Wasser, der Biodiversität und der Gesundheit der Plantagenarbeiterinnen und -arbeiter, die sich nicht ausreichend schützen können. Um Plantagen anzulegen, werden immer wieder Indigene Völker vertrieben und Wälder abgeholzt.
Die Vereinten Nationen haben sich bereits in den 1970er- und 80er-Jahren darum bemüht, neue Grenzen für die Ausdehnungen von Anbauflächen festzulegen und so die Arbeiterinnen und Arbeiter sowie die Teeanbaugebiete besser zu schützen. Im September 1976 kamen Abgeordnete zur Internationalen Konferenz der teeproduzierenden Länder in Genf zusammen, um das Übereinkommen zur Errichtung der Internationalen Assoziation zur Förderung des Tees zu schließen, das 1979 in Kraft trat. Als Teil der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization, FAO) tagt außerdem die Zwischenstaatliche Gruppe für Tee alle zwei Jahre, um sich über Trends in der Produktion, im Verbrauch und den Handel von Tee sowie zu politischen Änderungen auf nationaler Ebene auszutauschen.
Tee braucht laut der FAO spezielle trockene und feuchte Anbaubedingungen und vor allem viel Wasser. Nach der Ernte wird er gerollt und mit heißer Luft getrocknet. Daher kann er nicht überall auf der Erde angebaut werden. Der Klimawandel erschwert den Anbau zusätzlich durch veränderte Witterungs- und Bodenbedingungen.
Das führt zum Problem der Lieferketten: Bevor er in der Tasse landet, legt der Tee mehrere Tausend Kilometer zurück. China stellt mit 38 Prozent der Weltproduktion mit Abstand am meisten Tee her – dicht gefolgt von Indien, Kenia, Sri Lanka und Vietnam. Russland und die Vereinigten Staaten von Amerika importieren hingegen am meisten Tee, was zu langen Transportwegen führt. Tee war auf diese Weise schon immer ein ausschlaggebender Aspekt in internationalen Handelsbeziehungen. Doch auch Verbraucherinnen und Verbraucher entwickeln mittlerweile ein größeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit, was die Teeindustrie zum Umdenken zwingt.
Tee der Zukunft
Tee ist an sich ein sehr nachhaltiges Gewächs: Die Pflanze kann bei guter Pflege bis zu 100 Jahre alt werden und der Boden muss nicht Jahr für Jahr mit neuen Gewächsen bepflanzt werden. Weltweit wird daher an umweltschonenderen Maßnahmen gearbeitet, um die Lebensdauer von Pflanzen innerhalb des Teeanbaus zu verbessern.
In Indien kündigen Plantagen deshalb an, den CO2-Ausstoß zu verringern und zukünftig vollständig klimaneutral zu werden. Das Tea Board of India, das von der indischen Regierung kontrolliert wird, setzt sich für soziale Gerechtigkeit im Teeabbau ein. Ähnliche Projekte und Kontrollinstitutionen gibt es heute auch in anderen Ländern. Ein wichtiger Schritt zur Nachhaltigkeit wäre es außerdem, wenn Teeplantagen darauf verzichten würden, synthetische Düngemittel zu nutzen. Viele Nichtregierungsorganisationen fordern zudem die Reformierung der Lieferkettengesetze.
Grund zum Feiern?
Die FAO hat 2018 in ihrem Bericht "Aktuelle Marktsituation und mittelfristiger Ausblick" versprochen, sich in der Forschung auf gesundheitliche und heilende Aspekte von Tee zu konzentrieren. Zudem soll bis 2027 weiter an „Strategien gearbeitet werden, um Maßnahmen zu ergreifen, die nachhaltige Entwicklungen in der sich aktuell so rasch verändernden globalen Teewirtschaft unter dem Aspekt des Klimawandels zu ermöglichen.“
Der Tag des Tees sollte also in jedem Fall ein Grund zum Feiern sein, denn das Getränk steht für Tradition und Interkulturalität mit hoher ökologischer Bedeutung. Umso mehr ein Grund, ein stärkeres Bewusstsein für die Umwelt- und Menschenrechtsprobleme, die mit seiner Herstellung einhergehen, zu entwickeln und faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Fakt ist: Das zweitbeliebteste Getränk der Welt muss nachhaltiger werden - im Interesse der Umwelt, der Menschlichkeit und der Gesundheit.
Philine Felicitas Elster