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Ein Hoffnungsschimmer für unsere Wasserressourcen?

Vom 22. bis 24. März 2023 fand in New York die zweite Wasserkonferenz in der Geschichte der Vereinten Nationen statt. Die Konferenz stellt einen Meilenstein dar, ließ aber auch vieles offen.

Schild mit der Aufschrift "#Wateraction" vor dem UN-Hauptgebäude
Schild vor dem UN-Hauptgebäude in New York (UN Photo/Mark Garten)

Beinahe 50 Jahre liegt die letzte UN-Wasserkonferenz zurück. Im argentinischen Mar del Plata wurde 1977 ein erster globaler Versuch unternommen, unsere Süßwasserressourcen auf die politische Agenda zu setzen. Nun fand vom 22. bis 24. März in New York erneut ein solches Treffen statt. In drei vollgepackten Konferenztagen sollten Probleme rund um Wasser diskutiert und den Konferenzprinzipien handlungorientiert ('action oriented'), inklusiv ('inclusive'), und sektorübergreifend ('cross-sectoral') folgend Lösungswege erarbeitet werden.

Der Druck auf die Konferenz war hoch. Die Situation unserer Wasserressourcen ist heute, über 46 Jahre nach der Mar del Plata-Konferenz, zunehmend prekär. Obwohl zahlreiche Fortschritte gemacht wurden, stellt insbesondere Trinkwasser-Knappheit weiterhin ein großes Problem dar, das sich durch die zunehmende Verstädterung und den Anstieg der Weltbevölkerung nur noch mehr verschärfen wird. Auch der Klimawandel, exzessiver Wasserverbrauch in manchen Sektoren und in bestimmten Teilen der Welt, sowie die Verschmutzung von Wasser spielen hier eine tragende Rolle.

Laut UN-Angaben haben 26 Prozent der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 3,6 Milliarden Menschen können keine sicheren Sanitäreinrichtungen nutzen. Global betrachtet werden 80 Prozent der Abwässer unbehandelt in die Umwelt geleitet. Um Ziel 6 'Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen' (SDG 6) der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen, müsste die Weltgemeinschaft ihre Anstrengungen vervierfachen.

Wasser als ‚Dealmaker‘ für die Agenda 2030

Wasser findet oft in Zusammenhang mit Naturkatastrophen Erwähnung, da wir die Folgen des Klimawandels primär durch Wasser, unter anderem in Form von Fluten und Dürren, erleben. Wasser ist aber vor allem eine der wichtigsten Ressourcen auf der Erde und gilt als „Dealmaker“, um unter anderem die Agenda 2030 zu erreichen. Wasserressourcen spielen eine zentrale Rolle in Bezug auf Ernährungssicherheit, Energie, Biodiversität, Konfliktlösung, und den Kampf gegen den Klimawandel. Die meisten Klimaminderungsmaßnahmen sind auf verfügbares und qualitativ hochwertiges Süßwasser angewiesen. UN-Generalsekretär António Guterres brachte es zum Konferenzabschluss auf den Punkt: "Alle Hoffnungen der Menschheit für die Zukunft hängen in gewisser Weise davon ab, dass ein neuer Weg zur nachhaltigen Nutzung und Erhaltung des Wassers eingeschlagen wird ... es muss im Mittelpunkt der politischen Agenda stehen."

Dennoch waren die Rahmenbedingungen der Wasserkonferenz schwierig. Bereits im Vorfeld wurde festgelegt, dass es keine verhandelte Abschlusserklärung - wie zum Beispiel auf den UN-Klimakonferenzen (Conference of the Parties, COP) - geben würde. Die Klimaverhandlungen finden zudem auf Basis der UN-Klimarahmenkonvention statt. Die beigetretenen Vertragsstaaten treffen sich dadurch jährlich, um Fortschritte zu diskutieren und Änderungen vorzuschlagen. Solche Konventionen gibt es zwar für Themen, die einen großen Wasserbezug haben, wie biologische Vielfalt, Bekämpfung der Wüstenbildung oder grenzüberschreitende Wasserkooperation, aber nicht für Wasser selbst.

Die ‚Water Action Agenda‘

Was sind also die konkreten Ergebnisse der UN-Wasserkonferenz 2023, die schwierigen Startbedingungen und immensem Druck trotzen musste? Statt eines Verhandlungsausgangs stellt die sogenannte ‚Water Action Agenda‘ das Hauptergebnis der Konferenz dar. Die Agenda ist ein Dokument mit über 700 freiwilligen Verpflichtungen unter anderem von Staaten, Firmen, Universitäten, nichtstaatlichen und zwischenstaatlichen Organisationen. Sie reichen von Bildungsprogrammen bis hin zur konkreten Selbstverpflichtung Indiens, bis 2030 50 Milliarden US-Dollar in ländliche Trinkwasserversorgung zu investieren. Wie viele dieser freiwilligen Verpflichtungen am Ende umgesetzt und vor allem finanziert werden können, bleibt abzuwarten.

Nicht zu unterschätzen ist die politische Aufmerksamkeit, die der Konferenz zuteilwurde. Vor Ort, sowie online diskutierten um die 10 000 Teilnehmenden. Zahlreiche Veranstaltungen waren so gut besucht, dass Teilnehmende aus Sicherheitsgründen weggeschickt werden mussten. Über acht Regierungschefs, über 100 Ministerinnen und Minister, ein Monarch, sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus anderen Sektoren wie der Landwirtschaft nahmen teil. Auch einflussreiche internationale Organisationen wie die Welthandelsorganisation (WTO) waren auf der Konferenz vertreten. Im nächsten Schritt wird der Präsident der Generalversammlung Csaba Kőrösi die Konferenzergebnisse in einer Zusammenfassung (‚Summary of Proceedings‘) beim Hochrangigen Politischen Forum über nachhaltige Entwicklung (HLPF) vorbringen, was dem Thema weiteres Momentum verschaffen sollte. Darüber hinaus einigten sich die Teilnehmenden darauf, einen UN-Sondergesandten für Wasser sowie ein neues wissenschaftliches UN-Panel zu Wasser, vergleichbar mit dem bekannten Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC), zu ernennen.

Der Blick nach vorne

Wie lassen sich diese Ergebnisse einordnen? Die Stimmung auf der Konferenz war energiegeladen und enthusiastisch. Zum Ende der Konferenz schrieb das International Institute for Sustainable Development: "Es wurden bedeutende Fortschritte erzielt." Doch auch kritische Stimmen wurden laut. Die britische Tageszeitung Guardian merkte an: "Unverbindliche Verpflichtungen, unzureichende wissenschaftliche Daten und eine geringe Repräsentanz des globalen Südens ließen beim Gipfel viel zu wünschen übrig." Unter den Delegierten gab es geteilte Meinungen. Während einige die Abwesenheit einer politischen Abschlusserklärung bedauerten, sahen andere dies als Stärke der Konferenz an, weil sie tiefgehende Diskussionen ermöglichte.

Zweifelsohne lösen die Ergebnisse der dreitägigen Konferenz die globale Wasserkrise nicht. Sie werden auch zusammengenommen kaum zum Erreichen von SDG 6 führen, doch dies war realistisch auch nicht zu erwarten. Die Konferenz war eine Gelegenheit, so laut wie möglich auf die Wasserkrise aufmerksam zu machen und die Weltgemeinschaft auf ein schwieriges Unterfangen einzuschwören. Entscheidend ist, dieses politische Momentum aufrechtzuerhalten. Zudem gilt es, die Umsetzung der Maßnahmen der Water Action Agenda nachzuverfolgen. Die UN-Wasserkonferenz 2023 war ein Hoffnungsschimmer. Hoffnung darauf, dass die Konferenz einen Startpunkt darstellt: für größere Aufmerksamkeit, höhere Ambitionen und finanzielle Mittel, inklusiveres Handeln, mehr Kooperation, und schlussendlich einen radikal andersartigen Umgang mit unseren kostbaren Wasserressourcen.

Von Jakob Schabus

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