Das Hochseeschutzabkommen zum Leben erwecken: Die entscheidende Rolle des PrepCom-Prozesses
Dieses Mal treffen sie sich zur zweiten Sitzung der sogenannten Vorbereitungskommission (PrepCom) – ein entscheidender Schritt zum Aufbau starker Institutionen, die notwendig sind, um das Potenzial dieses historischen Vertrags in die Realität umzusetzen.
Das BBNJ-Übereinkommen ist ein Meilenstein, und es wurde zu Recht weltweit in den Medien gefeiert. Doch nun müssen die durch das Übereinkommen geschaffenen Institutionen, die eingerichteten Instrumente und die festgelegten Verpflichtungen aufgebaut, erprobt und in die Praxis umgesetzt werden. Diese Verantwortung liegt bei den Regierungen, unterstützt von der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Angesichts der Ozeankrise, mit Problemen wie zum Beispiel steigenden Temperaturen, Versauerung und wachsenden grenzüberschreitenden Gefahren wie Unterwasserlärm, darf diese Arbeit keinesfalls verzögert werden
Bislang haben 139 Länder das BBNJ-Übereinkommen unterzeichnet, 52 Länder (sowie die Europäische Union) haben es offiziell ratifiziert. Diese wachsenden Zahlen spiegeln ein starkes und anhaltendes globales Engagement für den Schutz der Ozeane und für multilaterale Zusammenarbeit wider – und das trotz der derzeitigen instabilen und fragilen geopolitischen Lage.
Der PrepCom-Prozess bietet die Chance, mit Nachdruck und Sorgfalt auf die Umsetzung hinzuarbeiten, sodass das BBNJ-Abkommen, sobald die dafür notwendigen 60 Ratifikationen erreicht sind, mit einsatzfähigen Strukturen in Kraft treten kann.
Warum das BBNJ-Übereinkommen wichtig ist
Der Ozean jenseits nationaler Hoheitsbefugnis bedeckt nahezu die Hälfte unseres Planeten und gehört keinem einzelnen Staat, sondern uns allen. Diese weiten Gebiete sind für die Gesundheit unseres Planeten von entscheidender Bedeutung. Sie regulieren das Klima, sichern die weltweite Fischerei und beherbergen einige der einzigartigsten und am wenigsten erforschten Lebewesen und Ökosysteme der Erde. Dennoch blieben sie viel zu lange weitgehend unreguliert und wurden zunehmend durch Übernutzung, Verschmutzung (z. B. Unterwasserlärm und Plastikmüll) sowie durch den Klimawandel gefährdet. Ihr Schutz ist deshalb längst überfällig.
Das BBNJ-Übereinkommen –, dessen Ausarbeitung fast zwei Jahrzehnte gedauert hat – schließt diese Lücke, indem es einen Rechtsrahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Meeresbiodiversität in Gebieten jenseits nationaler Hoheitsbefugnis schafft. Damit sind alle Meeresgebiete gemeint, die außerhalb der durch das internationale Seerecht etablierten Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ, normalerweise 200-Seemeilen) liegen.
Außerdem schafft das BBNJ-Übereinkommen eine einheitliche Grundlage für die Errichtung von Meeresschutzgebieten in internationalen Gewässern, schreibt Umweltverträglichkeitsprüfungen vor und legt Mechanismen für die faire Verteilung der Nutzen aus marinen genetischen Ressourcen fest. Wichtig ist auch, dass es die Staaten verpflichtet, bei Kapazitätsaufbau und Technologietransfer zusammenzuarbeiten, damit alle Länder – insbesondere Entwicklungsländer – gleichberechtigt an der nachhaltigen Nutzung unseres gemeinsamen Ozeans beteiligt sind.
Das BBNJ-Übereinkommen ist ein Zeichen des Multilateralismus in schwierigen Zeiten
Angesichts der Bedeutung der Ozeane für alle Staaten, einschließlich solcher, die weit von der Hohen See entfernt liegen, stellt das BBNJ-Übereinkommen einen entscheidenden Schritt dar, um die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Meeresbiodiversität zum Wohle der gesamten Menschheit sicherzustellen.
Doch die Bedeutung des Übereinkommens geht über den Meeresschutz hinaus. Es ist ein entschlossener Beweis dafür, dass Multilateralismus weiterhin funktionieren kann. In einer Zeit, in der jahrzehntealte Allianzen infrage gestellt werden und internationale Organisationen darum ringen, ihre Relevanz zu behaupten, steht die erfolgreiche Verhandlung und Annahme des BBNJ-Übereinkommens unter der Schirmherrschaft der Generalversammlung der Vereinten Nationen als hoffnungsvolles Beispiel für die anhaltende Kraft und das Potenzial multilateraler Zusammenarbeit.
Die Rolle der Vorbereitungskommission (PrepCom)
Während das Übereinkommen die Vision und die rechtliche Grundlage vorgibt, bleiben einige wichtige Details noch zu klären – und es liegt nun an den Regierungen, seine Bestimmungen mit Leben zu füllen. Dies gilt insbesondere für die Institutionen, die das Übereinkommen vorsieht und die eine Schlüsselrolle bei seiner Umsetzung spielen werden. Im Hinblick auf die bevorstehenden Aufgaben verständigten sich die Staaten darauf, eine Vorbereitungskommission (PrepCom) einzurichten, die die institutionellen Grundlagen vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens und der ersten Sitzung der Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties - COP) schaffen soll. Die COP wird, ähnlich wie bei anderen internationalen Abkommen wie zum Beispiel der Klimarahmenkonvention, das zentrale Entscheidungsorgan, das die Umsetzung des Vertrags überwacht.
Der PrepCom-Prozess stellt weit mehr als reine Verwaltungsarbeit dar. Er ist ein zentrales Element für die effektive Umsetzung des Abkommens. Die erste Sitzung der PrepCom fand im April 2025 statt. Zusätzlich zu der derzeitigen Sitzung ist mindestens eine weitere im Jahr 2026 vorgesehen. Die Aufgabe der PrepCom ist es, Empfehlungen für die erste CoP zu erarbeiten, wie die institutionellen Grundlagen des Übereinkommens geschaffen werden sollen und wie es in der Praxis funktionieren wird. Es geht darum, dem Übereinkommen praktische Wirkung zu verleihen.
Von Papier zu Schutz
Zu den wichtigsten Themen auf der Tagesordnung der PrepCom gehören Vorschläge für die Geschäftsordnung und Arbeitsmodalitäten der Vertragsstaatenkonferenz und ihrer untergeordneten Gremien, darunter ein Wissenschaftlich-Technisches Gremium. Diese Regeln sind von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für gute Zusammenarbeit, Transparenz und wirksame Entscheidungsfindung bilden. Nicht ohne Grund gilt: Wer die Regeln bestimmt, gestaltet auch das Spiel. Denn die Festlegung von Abläufen und Vorschriften ist eine Form von Einflussnahme, die entscheidet, wer gehört wird, wie Entscheidungen fallen und Konflikte gelöst werden.
Ein weiteres zentrales Thema sind die Finanzierungsregelungen. Dazu gehört die Umsetzung der finanziellen Mechanismen und des Sonderfonds zur Unterstützung der Umsetzung des Übereinkommens. Eine gesicherte und vorhersehbare Finanzierung ist entscheidend, um Verpflichtungen in konkrete Maßnahmen umzusetzen – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise der Vereinten Nationen. Wirkliche Veränderungen für den Ozean erfordern auch reale Ressourcen.
Mit der zweiten Verhandlungsrunde der PrepCom wird noch einmal deutlich, dass es um mehr als Formalitäten geht. Der Prozess soll Verpflichtungen in konkrete Taten verwandeln, nachhaltige Grundlagen schaffen und sicherstellen, dass der Ozean und seine Lebewesen endlich den Schutz erhalten, den sie dringend brauchen und verdienen.
Der Prozess zeigt, dass zu einem erfolgreichen Multilateralismus eben nicht nur Gipfeltreffen zählen, sondern gerade auch die vielen kleineren, aber nicht weniger wichtigen Zusammenkünfte, Vorbereitungen und Prozesse dazwischen. Ohne die hier geleistete Arbeit und ohne die auch hier getroffenen Entscheidungen würden viele internationale Abkommen.
Johannes Müller und Daniel Kachelriess



