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Das Hochseeschutzabkommen zum Leben erwecken: Die entscheidende Rolle des PrepCom-Prozesses

Fast zwei Jahre nach der Annahme des Übereinkommens über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Meeresbiodiversität in Gebieten jenseits nationaler Hoheitsbefugnis (BBNJ-Übereinkommen oder Hochseeschutzabkommen) kommen die Regierungen vom 18. – 29. August 2025 erneut am UN-Hauptsitz zusammen.

Blick in den Konferenzsaal
Blick in den Konferenzsaal (Foto: Johannes Müller)

Dieses Mal treffen sie sich zur zweiten Sitzung der sogenannten Vor­bereitungs­kommission (PrepCom) – ein entscheidender Schritt zum Aufbau starker Institutionen, die notwendig sind, um das Potenzial dieses historischen Vertrags in die Realität umzusetzen.

Das BBNJ-Überein­kommen ist ein Meilenstein, und es wurde zu Recht weltweit in den Medien gefeiert. Doch nun müssen die durch das Überein­kommen geschaffenen Institutionen, die eingerichteten Instrumente und die festgelegten Ver­pflichtungen aufgebaut, erprobt und in die Praxis umgesetzt werden. Diese Verantwortung liegt bei den Regierungen, unterstützt von der Wissen­schaft und der Zivil­gesellschaft. Angesichts der Ozean­krise, mit Problemen wie zum Beispiel steigenden Temperaturen, Versauerung und wachsenden grenz­über­schreitenden Gefahren wie Unter­wasser­lärm, darf diese Arbeit keinesfalls verzögert werden

Bislang haben 139 Länder das BBNJ-Über­ein­kom­men unterzeichnet, 52 Länder (sowie die Euro­päische Union) haben es offiziell ratifiziert. Diese wachsenden Zahlen spiegeln ein starkes und anhaltendes globales Engagement für den Schutz der Ozeane und für multi­laterale Zusammen­arbeit wider – und das trotz der derzeitigen instabilen und fragilen geopolitischen Lage.

Der PrepCom-Prozess bietet die Chance, mit Nachdruck und Sorgfalt auf die Umsetzung hinzuarbeiten, sodass das BBNJ-Abkommen, sobald die dafür notwendigen 60 Ratifikationen erreicht sind, mit einsatz­fähigen Strukturen in Kraft treten kann.

Warum das BBNJ-Über­ein­kom­men wichtig ist

Der Ozean jenseits nationaler Hoheits­befugnis bedeckt nahezu die Hälfte unseres Planeten und gehört keinem einzelnen Staat, sondern uns allen. Diese weiten Gebiete sind für die Gesundheit unseres Planeten von entscheidender Bedeutung. Sie regulieren das Klima, sichern die weltweite Fischerei und beher­bergen einige der einzigartigsten und am wenigsten erforschten Lebe­wesen und Öko­systeme der Erde. Dennoch blieben sie viel zu lange weitgehend unre­guliert und wurden zunehmend durch Über­nutzung, Verschmutzung (z. B. Unter­wasser­lärm und Plastikmüll) sowie durch den Klima­wandel gefährdet. Ihr Schutz ist deshalb längst überfällig.

Das BBNJ-Überein­kommen –, dessen Ausar­beitung fast zwei Jahr­zehnte gedauert hat – schließt diese Lücke, indem es einen Rechtsrahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Meeres­biodi­versität in Gebieten jenseits nationaler Hoheits­befug­nis schafft. Damit sind alle Meeres­gebiete gemeint, die außerhalb der durch das inter­nationale Seerecht etablierten Aus­schließlichen Wirt­schafts­zonen (AWZ, normalerweise 200-Seemeilen) liegen.

Außerdem schafft das BBNJ-Überein­kommen eine einheitliche Grundlage für die Errichtung von Meeres­schutz­gebieten in internationalen Gewässern, schreibt Umwelt­verträglichkeits­prüfungen vor und legt Mechanismen für die faire Verteilung der Nutzen aus marinen genetischen Ressourcen fest. Wichtig ist auch, dass es die Staaten verpflichtet, bei Kapazitätsaufbau und Technologie­transfer zusammen­zuarbeiten, damit alle Länder – insbesondere Ent­wicklungs­länder – gleichberechtigt an der nachhaltigen Nutzung unseres gemeinsamen Ozeans beteiligt sind.

Das BBNJ-Über­ein­kommen ist ein Zeichen des Multi­lateralis­mus in schwierigen Zeiten

Angesichts der Bedeutung der Ozeane für alle Staaten, einschließlich solcher, die weit von der Hohen See entfernt liegen, stellt das BBNJ-Überein­kommen einen entscheidenden Schritt dar, um die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Meeres­biodi­versität zum Wohle der gesamten Menschheit sicherzustellen.

Doch die Bedeutung des Überein­kommens geht über den Meeresschutz hinaus. Es ist ein entschlossener Beweis dafür, dass Multil­ateralis­mus weiterhin funktionieren kann. In einer Zeit, in der jahrzehntealte Allianzen infrage gestellt werden und inter­natio­nale Organi­sationen darum ringen, ihre Relevanz zu behaupten, steht die erfolgreiche Verhand­lung und Annahme des BBNJ-Über­ein­kommens unter der Schirm­herr­schaft der General­versam­mlung der Vereinten Nationen als hoffnungsvolles Beispiel für die anhaltende Kraft und das Potenzial multilateraler Zu­sammen­arbeit. 

Die Rolle der Vor­berei­tungs­kom­mission (PrepCom)

Während das Überein­kommen die Vision und die rechtliche Grundlage vorgibt, bleiben einige wichtige Details noch zu klären – und es liegt nun an den Regierungen, seine Bestimmungen mit Leben zu füllen. Dies gilt insbesondere für die Institutionen, die das Über­ein­kommen vorsieht und die eine Schlüssel­rolle bei seiner Umsetzung spielen werden. Im Hinblick auf die bevorstehenden Aufgaben verständigten sich die Staaten darauf, eine Vor­bereitungs­kom­mission (PrepCom) einzurichten, die die institutio­nellen Grundlagen vor dem Inkraft­treten des Überein­kommens und der ersten Sitzung der Vertrags­staaten­konferenz (Conference of the Parties - COP) schaffen soll. Die COP wird, ähnlich wie bei anderen internationalen Abkommen wie zum Beispiel der Klimarahmen­konvention, das zentrale Entscheidungs­organ, das die Umsetzung des Vertrags überwacht. 

Der PrepCom-Prozess stellt weit mehr als reine Verwaltungs­arbeit dar. Er ist ein zentrales Element für die effektive Umsetzung des Abkommens. Die erste Sitzung der PrepCom fand im April 2025 statt. Zusätzlich zu der derzeitigen Sitzung ist mindestens eine weitere im Jahr 2026 vorgesehen. Die Aufgabe der PrepCom ist es, Empfehlungen für die erste CoP zu erarbeiten, wie die institutionellen Grundlagen des Überein­kommens geschaffen werden sollen und wie es in der Praxis funktionieren wird. Es geht darum, dem Übereinkommen praktische Wirkung zu verleihen.

Von Papier zu Schutz

Zu den wichtigsten Themen auf der Tages­ordnung der PrepCom gehören Vorschläge für die Geschäfts­ordnung und Arbeits­modalitäten der Vertrags­staaten­konferenz und ihrer unter­geord­neten Gremien, darunter ein Wis­sen­schaft­lich-Technisches Gremium. Diese Regeln sind von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für gute Zusammen­arbeit, Trans­parenz und wirk­same Entscheidungs­findung bilden. Nicht ohne Grund gilt: Wer die Regeln bestimmt, gestaltet auch das Spiel. Denn die Festlegung von Abläufen und Vorschriften ist eine Form von Einfluss­nahme, die entscheidet, wer gehört wird, wie Ent­scheidungen fallen und Konflikte gelöst werden.

Ein weiteres zentrales Thema sind die Finanzierungs­regelungen. Dazu gehört die Umsetzung der finanziellen Mechanismen und des Sonder­fonds zur Unter­stützung der Umsetzung des Überein­kommens. Eine gesicherte und vorhersehbare Finanzierung ist entscheidend, um Ver­pflichtungen in konkrete Maßnahmen umzusetzen – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz­krise der Vereinten Nationen. Wirkliche Veränderungen für den Ozean erfordern auch reale Ressourcen.

Mit der zweiten Verhandlungs­runde der PrepCom wird noch einmal deutlich, dass es um mehr als Formalitäten geht. Der Prozess soll Verpflichtungen in konkrete Taten verwandeln, nach­haltige Grundlagen schaffen und sicherstellen, dass der Ozean und seine Lebe­wesen endlich den Schutz erhalten, den sie dringend brauchen und verdienen.

Der Prozess zeigt, dass zu einem erfolgreichen Multi­lateralis­mus eben nicht nur Gipfel­treffen zählen, sondern gerade auch die vielen kleineren, aber nicht weniger wichtigen Zusammen­künfte, Vorbereitungen und Prozesse dazwischen. Ohne die hier geleistete Arbeit und ohne die auch hier getroffenen Entschei­dungen würden viele internationale Abkommen.

Johannes Müller und Daniel Kachelriess

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