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Abholzung verdreifacht

Im Jahr 2024 wurde im kolum­bia­nischen Ama­zonas­gebiet dreimal mehr abgeholzt als 2023, aufgrund ille­galer Rodungen. Die Regierung setzt auf finanzielle Anreize.

Blick auf sehr grüne Bäume.
Abholzung ist in Kolumbien generell verboten (Foto: DGVN/Patrick Rosenow)

Im kolum­bianischen Amazonas­gebiet sind 2024 dreimal so viele Bäume abgeholzt worden wie im Jahr 2023. Das geht aus aktuellen Zahlen des Instituts für Hydr­ologie, Meteo­rologie und Umwelt­studien (Ideam) hervor, das den Stand der Entwaldung des Landes dokumentiert.

Rund die Hälfte Kolumbiens ist bewaldet – etwa 53 Millionen Hektar. Die meisten Wälder sind fast unberührt und entsprechend artenreich. Jedes Jahr gehen 110.000 Hektar verloren. Zu den Hauptur­sachen gehören Drogen­handel, illegaler Bergbau und Land­nahme unter anderem für Rinder­zucht.

Die Regierung will die Entwaldung im ganzen Land senken. Jedes Jahr sollen 20 Prozent weniger Wald abgeholzt werden. Im Jahr 2023 sah es so aus, als sei Kolumbien auf dem richtigen Weg: Gegenüber 2022 ging die Entwal­dung um 36 Prozent zurück, gegenüber 2021 sogar um 54 Prozent. Mit 79.256 Hektar entwaldeter Fläche wurde der niedrigste Stand seit 23 Jahren erreicht. Doch nun sind die Zahlen – vor allem im Amazonas – wieder gestiegen.

Abholzung ist in Kolumbien generell verboten. Bäume dürfen offiziell nur noch nach Geneh­migung gefällt werden. Doch nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs hat der Staat über viele Gebiete noch immer keine Kontrolle. Wo früher die seit 2016 entwaffnete Farc-Guerilla war, haben neue Gruppen das Sagen. Der Estado Mayor Central (EMC) beispielsweise, eine Farc-Abspal­tung, nutzt Rodungen als Druckmittel in den Friedens­verhand­lungen mit der Regierung. Gibt die den Forderungen des EMC nach, untersagt die Guerilla Abholzungen in ihren Gebieten. Wenn nicht, forciert sie sie.

Doch auch in staatlich kontrollierten Gebieten wird weiter gerodet – zumeist illegal. Oft sind es zuvor von bewaffneten Gruppen aus anderen Gebieten vertriebene Einzelpersonen, die sich ein neues Leben aufbauen und dafür ein paar Rinder anschaffen wollen, erklärt María Andrea Rueda, Koordinatorin des Projekts Visión Amazonía der Ernährungs- und Land­wirt­schafts­organi­sation (Food and Agri­culture Organization - FAO) der Vereinten Nationen in Kolumbien.

Die häufigste Ursache für Entwaldung seien Brand­rodungen, um schnell größere Flächen zu vernichten, aktuell vor ­allem für die Rinderzucht. Dahinter steckten Organi­sationen mit Geld. „Abholzung muss man sich leisten können“, sagt Rueda der taz. Brennstoffe müssten mit Helikoptern oder Klein­flug­zeugen in den Wald gebracht werden, man brauche Personal, das bezahlt und ernährt werden müsse. Bisher, so Rueda, habe der Staat Abhol­zungen mit Bußgeldern belegt. Die Strategie sei aber nicht erfolgreich gewesen. Heute versuche man es mit Anreizen: Gelder gibt es nun für den Erhalt von Wäldern. Das funktioniert allerdings vor allem bei den Kleinbauern. Für Groß­investoren ist das wenig attraktiv, weshalb auch diese Maßnahme nur parziell greift. Parallel unterstützen inter­natio­nale Organi­sationen wie die FAO Projekte vor Ort zur nachhaltigen Wald­nutzung. Das Ziel: Einkommens­quellen für die lokale Bevölkerung sichern und erschließen und gleichzeitig den Wald erhalten.

Johanna Treblin

Hinweis: Dieser Beitrag erschien am 17.03.202 in der taz. Er entstand im Rahmen der DGVN-Recherchereise zu WFP-Projekten nach Kolumbien. Um einen Beitrag zu einem differenzierteren Bild über die weltweiten Aufgaben und Herausforderungen der Vereinten Nationen zu leisten, bot die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN) im November 2024 eine einwöchige Informations- und Recherchereise für an. Dafür reiste eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten vom 17. bis 23. November 2024 in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá sowie die Region Tumaco an der ecuadorianischen Grenze. 

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