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Klima­wandel und Ver­lust bio­lo­gi­scher Viel­falt: nur ge­mein­sam zu be­wäl­ti­gen

Die Erd­er­wär­mung scha­det nicht nur der Natur insgesamt, sondern insbesondere der Ar­ten­viel­falt. Lö­sun­gen wie natur­basier­ter Kli­ma­schutz bieten einen Aus­weg. Ein Beitrag aus der Einen-Welt-Presse 'Schutz der Natur und der Biodiversität'.

Eine Frau in Schutzmontur steht vor einem Bienenkasten.
Bienen sind entscheidend für den Erhalt von Wildpflanzen und somit für die biologische Vielfalt insgesamt. Die Organisation 'Bees Without Borders' hat Bienenkästen auch auf dem Gelände des UN-Hauptsitzes in New York aufgestellt. (UN Photo/Manuel Elías)

Wenn sich die Erde immer weiter erhitzt, Dürren und Über­schwem­mungen stetig zunehmen, die Gefahr für Wald­brände steigt, hat das sowohl für den Menschen als auch die restliche biolo­gische Vielfalt ernste Folgen. Der Welt­bio­diver­sitäts­rat (IPBES) schätzte 2019, dass von acht Millionen Arten weltweit eine Million vom Aussterben bedroht ist. Mittlerweile kommt eine neuere Studie von 2023, basierend auf Daten der Roten Liste der Welt­natur­schutzunion, sogar auf doppelt so viele: Zwei Millionen Tier- und Pflan­zen­ar­ten stehen demnach vor dem Aus. Dazu trägt auch der men­schen­ge­machte Klimawandel bei. Der erste gemeinsame Report von Weltklima- und Biodiversitätsrat stellte 2021 fest: Bei einer Erwärmung von 2 Grad sind 5 Prozent der Arten von klima­bedingtem Aus­sterben bedroht, bei einer Erwärmung von 4,3 Grad sind es sogar 16 Prozent. Besonders drastisch würde es Korallen­riffe treffen: Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad schwänden sie auf 10 bis 30 Prozent ihres früheren Umfangs, bei zwei Grad bliebe weniger als 1 Prozent von ihnen übrig. Der Klimawandel könnte – zusammen mit veränderter Landnutzung – bis Mitte dieses Jahrhunderts zum größten Treiber des Arten­sterbens werden.

Je mehr unterschiedliche, genetisch vielfältige Arten in einem Ökosystem leben, desto wider­stands­fähiger ist ein System – auch gegen die Klimakrise. Denn in einem diversen Ökosystem finden sich mit höherer Wahr­scheinlich­keit auch solche Arten, die mit klima­tischen Veränderungen und Schocks besser klar­kommen, sich anpassen können und das System sozusagen abpuffern. Im Vergleich zu steigenden Temperaturen, Dürren und Überflu­tungen bemerken wir den Verlust der Biodi­versität im Alltag viel weniger.

Auch deshalb steht er seltener im Fokus. Und das, obwohl schon der Verlust einer einzelnen Art dramatische Folgen haben kann. Denn Biodiversität gleicht einem Kartenhaus: Wir können immer wieder einzelne Karten herausziehen – solange, bis eine weitere alles zum Einsturz bringt. Denn jede Tier- und Pflanzenart hat eine bestimmte Rolle im Ökosystem. Fällt eine Art weg, hat dies zum Beispiel Auswirkungen auf die Ernährungsgrundlage anderer Arten. Die Klima- und die Biodiversitätskrise sind eng miteinander verflochten. Entsprechend müssen auch die Lösungen verzahnt gedacht werden, wie beim natur­basierten Klima­schutz. Die Idee: Gleichzeitig Lebensräume für Tierund Pflanzenarten erhalten und Kohlenstoff speichern. Eindrücklich zeigen das die Moore: Sie sind nicht nur wichtig für die Artenvielfalt, sondern auch die effektiv­sten Koh­lenstoff­lager an Land – sofern sie intakt sind. Allerdings sind 94 Prozent der deutschen Moorflächen entwässert, also trocken­gelegt, um die Flächen anderweitig zu nutzen, etwa für Siedlungen oder die Land­wirtschaft. Wenn Moore wieder­vernässt werden, indem ihr Wasser­stand angehoben wird, speichern sie langfristig CO₂ in ihren Torfböden. Obendrein bieten sie Lebensraum für bedrohte Arten, darunter Pflanzen wie das Firnis­glänzende Sichel­moos oder Insekten wie die Alpen-Smaragd­libelle (denen wiederum die Klima­erwärmung ebenfalls stark zu schaffen macht).

Auch nasse Moore können land­wirt­schaftlich genutzt werden, in sogenannter Paludi­kultur: Auf nassen Flächen werden etwa Rohrkolben, Schilf oder Torfmoose angebaut. Ein gutes Beispiel, wie Moorschutz, Klima­schutz und wirt­schaft­li­che Interessen zu­sam­men­gehen. Moor­typische Bio­diver­sität wieder­herzu­stellen wird auch politisch immer wichtiger. Etwa im Rahmen des Aktions­pro­gramms Natür­licher Klima­schutz (ANK). Von 2024 bis 2028 stellt die deutsche Bundes­regierung dafür 3,5 Milliarden Euro bereit – eine immense Summe, wenn auch wegen notwendiger Haushalts­kürzungen viel weniger als die ursprünglich vorgesehenen 5 Milliarden Euro für 2023 bis 2026.

Besonders vielversprechend sind auch Küsten­feucht­gebiete mit Mangroven, Salzwiesen und See­gras­wiesen: Sie binden etwa die Hälfte des Kohlenstoffs der Meeres­sedimente, den Ablagerungen auf dem Meeresgrund. Obendrein dienen diese Gebiete der Aufzucht und Nahrung von Fischen oder Schildkröten. Mangroven­wälder schützen zudem vor Flut­schäden. Doch gerade Man­groven­öko­systeme sind stark vom Klima­wandel bedroht: Steigende Meeres­spiegel könnten laut Welt­natur­schutz­union weltweit ein Drittel von ihnen gefährden. Es braucht also wirksam umgesetzte Schutz­maß­nahmen. Es gilt, Klima- und Bio­diver­sitäts­schutz gemeinsam zu verwirklichen – und dafür auch international zu­sammen­zuarbeiten.

Astrid Ehrenhauser

Dieser Beitrag erschien im Dezember 2024 in der Einen-Welt-Presse ‘Schutz der Natur und der Biodiversität’.

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