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Klimafreundliche Lösungen für die Städte

Ballungsgebiete sind für einen großen Teil des Emissionsausstoßes verantwortlich – und spielen eine entsprechend wichtige Rolle, um den Klimawandel in Grenzen zu halten. Was insbesondere die kommunale Verkehrspolitik zum Klimaschutz leisten kann und welche Lösungen in skandinavischen Städten bereits erfolgreich umgesetzt wurden, diskutierten Expertinnen und Experten auf der Veranstaltung „Nordic Solutions: Nachhaltige Stadtentwicklung & die COP23“ Mitte November in Berlin.

(Foto: Christina Kamp)

Dabei waren die Fachleute auf dem Plenum in Berlin nicht „unter sich“. Sie waren quasi als Doppelplenum in einer Live-Schaltung zum nordischen Pavillon auf der Klimakonferenz in Bonn mit skandinavischen Abgeordneten vernetzt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Die nordischen Länder sind in vielen Bereichen führend“, würdigte DGVN-Vorsitzender Detlef Dzembritzki die Vorbildfunktion Skandinaviens. Zugleich sind die Herausforderungen riesig. Im Zuge der weltweit fortschreitenden Urbanisierung müssen Emissionen minimiert werden, um die Erderwärmung langfristig unter zwei Grad Celsius zu halten.

Um zugleich eine gute Lebensqualität in den Städten zu erreichen brauche es integrierte Ansätze, meint Susanne Lottermoser vom Bundesumweltministerium, wo sie unter anderem für Stadtentwicklung zuständig ist. Einerseits müsse die Dichte der Städte gehalten werden, um diese nicht ausufern zu lassen, denn sonst nähmen bei längeren Wegen auch die Emissionen zu. Andererseits müssen grüne Freiräume erhalten werden. Anders als in vielen anderen Ländern sieht Lottermoser in Deutschland wichtige Voraussetzungen für eine gute Stadtentwicklung als erfüllt. Dazu gehört die starke Stellung der Kommunen mit finanzieller Ausstattung, Instrumenten und einem hohen Maß an Entscheidungshoheit.

Gut gestaltete Urbanisierung als Weg zum Klimaschutz

Auf die „Neue Urbane Agenda“ der Vereinten Nationen, nach der eine gut gestaltete Urbanisierung der beste Beitrag zu den Klimazielen sei, verwies Tobias Kettner. Als Mitarbeiter des Siedlungsprogramms der Vereinten Nationen UN-Habitat hat er den Habitat III-Prozess eng begleitet. Der Aktionsplan zur Umsetzung der „New Urban Agenda“ beinhalte, so Kettner, eine nationale urbane Politik und das Prinzip der Subsidiarität, Gesetzesvorgaben und Finanzierung. Gerade in Entwicklungsländern verfügten die Städte jedoch kaum über Mittel und oft auch nur über wenige Kompetenzen.

Allerdings hat Kettner einen Paradigmenwechsel beobachtet. In vielen afrikanischen Entwicklungsländern habe die Strategie darin bestanden, Landflucht zu verhindern –was jedoch nicht funktionierte. In Asien dagegen seien Städte strategisch als Motor für Entwicklung genutzt worden – und würden nun auch in Afrika immer stärker so wahrgenommen.

Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change hält allerdings nicht viel davon, alle Lösungen auf die Städte zu projizieren. Das sei „utopisch“ und am Ende seien schließlich alle Lösungen lokal.

Lokale Lösungen aus dem Norden

Wie man die Menschen zu umweltfreundlichem Handeln bringen kann, folgt laut dem dänischen Abgeordneten Rasmus Nordqvist (Die Alternative) einem einfachen Prinzip: Man müsse es ihnen möglichst leicht machen, das Richtige zu tun. Zum Beispiel wenn sie mehr Fahrrad fahren sollen. Da setzt Kopenhagen auf Schnellstrecken für den Fahrradverkehr, so dass sich auch längere Strecken gut mit dem Rad zurücklegen lassen.

Auch in Norwegen gebe es gute Beispiele, so Lars Haltbrekken, Abgeordneter (Sozialistische Linkspartei) im norwegischen Parlament: „In Oslo versuchen wir, das Stadtzentrum mit Ausnahme des Lieferverkehrs autofrei zu machen.“ Es sei eine City-Maut eingeführt worden, die zu einem vier- bis fünfprozentigen Rückgang des Autoverkehrs in Stoßzeiten geführt habe. So habe Oslo die Luftverschmutzung verringern können. Gleichzeitig sei der ÖPNV unterstützt worden. „Die Kombination macht den Unterschied aus“, betonte Haltbrekken.

Auch die finnische Abgeordnete Hanna Kosonen (Zentrumspartei) brachte positive Beispiele ein, darunter eine umweltgerechte öffentliche Beschaffung, durch die sich Emissionen stark reduzieren ließen, und Mietfahrräder für nur 25 Euro im Jahr.

Experimente wagen – auch in Deutschland

Felix Creutzig verwies auf das Beispiel Stockholm, wo eine City-Maut zunächst als Experiment eingeführt worden sei. Nach ein paar Monaten, als es Erfahrungen damit gab, sei dann ein Referendum dazu abgehalten worden. Im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg jedoch sei ein begrenztes Fahrverbot im Zentrum am Widerstand gescheitert. Dennoch findet Creutzig es hilfreich, zu experimentieren.

In Deutschland seien alle Regelungen zum motorisierten Individualverkehr sehr schwierig, stellt Susanne Lottermoser dazu fest: „Es ist ein Heiligtum, so Auto zu fahren, wie man es möchte.“ Allerdings gebe es durchaus schon positive Erfahrungen, wo es mit dem Radverkehr in Deutschland funktioniert: zum Beispiel in Münster und Freiburg. Aber auch in Berlin sei das Rad ein „boomender Verkehrsträger“.

Anreize für nachhaltige Elektromobilität

Norwegen setzt auf Elektroautos. „In Norwegen werden zehnmal so viele Elektrofahrzeuge verkauft wie in Dänemark“, so Haltbrekken. Politiker in Norwegen hätten dafür die Anreize geschaffen, dann habe die Wirtschaft die entsprechenden Fahrzeuge gebaut.

Für Deutschland leitet Creutzig aus diesem Beispiel Chancen, aber auch Risiken ab. „Global gibt es 12 bis 13 große Automobilhersteller. Wenn die deutsche Industrie sich nicht global einstellt, wird sie Marktanteile verlieren“, so seine Warnung. Wenn andererseits aber national Anreize für mehr Nachhaltigkeit geschaffen würden, könne sich das auch auf den internationalen Märkten auswirken.

Damit kommt der deutschen Politik eine bedeutende Hebelfunktion zu. „Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und davon ausgehen, dass die Privatwirtschaft das Problem schon lösen werde“, meint Rasmus Nordqvist. Außerdem müsse die Zivilgesellschaft in der Zusammenarbeit eine sehr viel größere Rolle spielen. „Die Einheimischen wissen es am besten“, so Nordqvist.

Das sieht auch Hanna Kosonen so: „Wenn die Regierungen nicht handeln, werden die Menschen es tun”. Sie misst den „Side Events” auf der Klimakonferenz eine größere Bedeutung zu als je zuvor. Auch Nordqvist meint, die Regierungsverhandlungen seien eine Sache, eine andere aber, worum es bei der Klimakonferenz noch gehe und was insbesondere die Städte tun können. Zwar seien die nordischen Städte im internationalen Vergleich nicht besonders groß. Doch Lösungen könnten auch auf größere Städte übertragen werden. „Nirgendwo ist es leichter zu intervenieren, als in der Stadtplanung“, so die Einschätzung von Tobias Kettner. Und der norwegische Botschafter Petter Ølberg ist überzeugt: „Beim Klimawandel werden die Kosten des Nichtstuns viel höher sein!“

Christina Kamp

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