Geo-Engineering: Brauchen wir das?
Unter Geo-Engineering fallen Eingriffe ins Klimasystem, die der Erderwärmung entgegenwirken sollen. Die Technologiezweige, die dabei am ausgiebigsten von Wissenschaft und Politik diskutiert werden, sind Strahlenmanagement (Solar Radiation Management - SRM) und die Reduzierung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal - CDR). Diese technologisch unterschiedlichen Methoden zielen darauf ab, dass die Erdatmosphäre durch die Wechselwirkung von Treibhausgasen und Sonneneinstrahlung weniger stark erwärmt wird. Durch CDR soll besonders das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) reduziert werden, während SRM direkt die auf die Erde treffende Sonnenstrahlung reduzieren möchte. Während CDR bereits in überschaubarem Umfang eingesetzt und getestet wird, steckt die Entwicklung von SRM noch in den Kinderschuhen.
Egal zu welchem Zweck man in das Klima eingreift: Soll ein globaler Effekt erzielt werden, muss der Eingriff insgesamt groß sein, weshalb es wichtig ist, auch unerwünschte Effekte möglichst genau zu kennen. Sowohl der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) als auch das UN-Umweltprogramm (United Nations Environment Programme - UNEP) haben für verschiedene Berichte Potentiale und Konsequenzen des Geoengineering beleuchtet. Besonders der IPCC stellt klar: Um Klimaziele von zwei Grad oder gar 1,5 Grad zu erreichen, ist ein Einsatz von bestimmten Methoden des Geo-Engineerings unabdingbar.
SRM: Schon im Test schwer realisierbar
SRM reflektiert einen Teil der Sonneneinstrahlung zurück ins All, bevor diese auf die Erdoberfläche trifft. Bekommen nun Treibhausgas-Partikel weniger Sonneneinstrahlung ab, fällt der wärmende Treibhauseffekt ebenfalls geringer aus. Die Folge: eine Senkung der globalen Durchschnittstemperatur.
‚Albedo‘ bezeichnet die Rückstrahlkraft einer Oberfläche. In der Natur ist Neuschnee die Oberfläche mit der höchsten Albedo, weswegen eine solche Erdoberfläche kaum Wärmestrahlung aufnimmt. Naheliegend also, diesen Wert global zu steigern, damit weniger Sonnenenergie mit atmosphärischen Treibhausgasen in Kontakt kommt. Unter den populärsten und von den UN analysierten Verfahren ist das sogenannte „marine cloud brightening“ (dt. Aufhellung der Meereswolken), das Meerwasser so fein in der Luft zerstäubt, dass sich ein Nebel aus Salzkristallen in die Atmosphäre begibt. Der heftet sich an Wolken, die durch den Kristallmantel mehr Sonnenlicht reflektieren als normalerweise. Alternativ könnte theoretisch auch die Injektion von Aerosolen, bei der beispielsweise Kalkpulver in der Stratosphäre verteilt wird, deren Albedo vergrößern.
Weiterhin gibt es Projekte, die sich zum Ziel machen, unter nicht zu unterschätzendem Aufwand Weltall-Spiegel zu installieren, um so Wärmestrahlung der Sonne gar nicht erst ins Klima-System eindringen zu lassen. Diese Idee wirft allerdings große Fragen nach Machbarkeit und Effizienz auf.
Eine interdisziplinäre Experten-Kommission des UNEP bekräftigte 2023 in einem Bericht, dass SRM nicht nur kaum erprobt werden kann, sondern auch Ursachen des Klimawandels, nämlich den fortwährenden CO2-Ausstoß der Menschen, nicht beheben würde. Dadurch werden andauernde Effekte, wie zum Beispiel die CO2-Belastung der Meere, die sie übersäuern lässt und somit eine Gefahr für marine Ökosysteme darstellt, nicht rückgängig gemacht. Stünde die Frage nach einem Einsatz von SRM irgendwann doch im Raum, wäre die größte Herausforderung die Einigung innerhalb der internationalen Gemeinschaft zur Stationierung dieser Technik.
CDR auf dem Weg zum 1,5 °C - Ziel
Die aktuellen Modelle für Carbon Dioxide Removal (CDR) sind realistischer und genauer. Trotz hoher Kosten schätzen die UN einen groß angelegten Einsatz von CDR für ein Erreichen des 1,5 °C -Ziels bis 2100 sogar als unabdingbar ein. Um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, müsste mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden als die Menge der Emissionen umfasst. Nur so könnte erreicht werden, dass alle Treibhausgas-Emissionen zusammen einen Durchschnittswert von Null erreichen, der für dieses Klimaziel notwendig wäre.
Einige Maßnahmen zur atmosphärischen CO2-Reduktion werden bereits umgesetzt. Sie basieren auf der Tatsache, dass sowohl tote als auch lebendige Bäume, Pflanzen und unser Boden hervorragende CO2-Speicher sind. Sie umfassen Aufforstung und Wiederaufforstung, nachhaltigeres Forst-Management, regenerative Landwirtschaft oder Agroforstwirtschaft. Diese kombiniert Anpflanzung und Erhaltung von Bäumen gezielt mit Ackerbau und landwirtschaftlicher Tierhaltung. Bäume bewirken eine Verbesserung des Wasserhaushaltes im Boden, weniger Düngerbedarf und Hitzestress, wodurch Pflanzen wirksamer vor Austrocknung bewahrt werden. Regenerative Landwirtschaft wiederum zielt besonders darauf ab, bodennahe CO2- und Methan-Speicher wie Wurzeln oder Überbleibsel einer Ernte zu fördern. Weniger bewegt und besser bedeckt gibt der Boden weniger CO2 ab. Im doppelten Sinne nachhaltig also.
CDR-Methoden wie Aufforstung haben aber auch Nachteile: die Nutzung von immensen Flächen gefährdet vielerorts die Verfügbarkeit von Trinkwasser und Nahrung sowie die Grundrechte der lokalen Bevölkerung. Lokal und global steht eine faire Verteilung von Nahrungs- und Existenzgrundlagen in dichter Wechselwirkung mit Ökosystemen und Ökosystem-Funktionen, die wiederum eng mit den Eigenschaften des Klimas verbunden sind.
Die Frage nach der Verantwortung für mögliche Konsequenzen ist groß und die Herausforderung, das Weltklima künstlich abzukühlen, könnte internationaler kaum sein. Risiken und Machbarkeit großer Geo-Engineering-Einsätze für Umwelt und Menschen sind direkt vom Umfang der Anwendung abhängig. Klar ist: Geo-Engineering kann den Klimawandel nicht aufhalten, sondern nur mehr Zeit verschaffen. Es ist also weiterhin wichtig, bereits jetzt den CO2-Ausstoß so stark wie möglich zu senken.
Mona Holy