COP 28: Klimakonferenz soll Wendepunkt bringen
Erstmals wollen die Staaten auf der diesjährigen Klimakonferenz COP 28, die am heutigen Donnerstag in den Vereinigten Arabischen Emiraten beginnt, hochoffiziell Bilanz ziehen, wie weit sie beim Klimaschutz vorangekommen sind. Die globale Bestandsaufnahme, die im Pariser Klimaabkommen erstmals für 2023 und danach alle fünf Jahre vorgesehen ist, soll die Bemühungen der Staaten beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel ermitteln.
Die Vorbereitungen für die Bestandsaufnahme laufen seit zwei Jahren. Längst ist klar, dass die Anstrengungen der Staaten nicht ausreichen. Bis Ende dieses Jahrhunderts steuert die Welt auf eine Erwärmung von 2,5 bis 2,9 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu. Das ist das Ergebnis eines Berichts des UN-Umweltprogramms UNEP, der vor Kurzem veröffentlicht wurde. Das liegt deutlich über dem 2015 in Paris vereinbarten Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Staaten sollen Klimaziele nachschärfen
Würden alle Staaten ihre versprochenen Klimaschutzmaßnahmen vollständig umsetzen, könnte das die Treibhausgasemissionen um zwei Prozent bis 2030 gegenüber 2019 verringern, heißt es im Synthesebericht der nationalen Klimapläne, der vom Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) vorgelegt wurde. Das ist meilenweit von dem entfernt, was der Weltklimarat empfiehlt: Bis 2030 müssen die Emissionen um 43 Prozent sinken, wenn das 1,5-Grad-Limit eingehalten werden soll.
Auf dem Klimagipfel in Dubai sind „mutige Schritte nach vorne“ erforderlich, forderte Simon Stiell, Chef des UN-Klimasekretariats: „Das bedeutet, dass die COP28 ein klarer Wendepunkt sein muss. Die Regierungen müssen nicht nur stärkere Klimaschutzmaßnahmen vereinbaren, sondern auch zeigen, wie sie diese umsetzen wollen."
Dabei kann die globale Bestandsaufnahme eine maßgebliche Rolle spielen. Werden hier lediglich Informationen übermittelt oder gelingt es den Staaten sich in der vorgesehenen Abschlusserklärung zur Bestandsaufnahme, auf ambitionierte und verbindliche Aussagen zu einigen? Die Bestandsaufnahme soll schließlich dazu dienen, dass die Länder spätestens in zwei Jahren ihre nationalen Klimaziele nachschärfen – das soll die Länder näher zum 1,5-Grad-Kurs bringen.
Delegierte könnten sich auf Energiepaket einigen
Beobachter:innen erwarten, dass sich die Staaten in Dubai auf ein Energiepaket einigen, das eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbarer Energien und eine Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2020 vorsieht. Für ersteres müssten jedes Jahr weltweit 1.000 Gigawatt Leistung zugebaut werden. Zudem sollen nach Vorschlag des Konferenzpräsidenten der COP 28, Sultan Al Jaber, die Öl- und Gaskonzerne der Welt, ihre Methanemissionen bis 2030 um drei Viertel senken. Mit den drei Maßnahmen lassen sich laut einem Bericht der Internationalen Energie-Agentur 80 Prozent der notwendigen Emissionsminderungen erreichen, um 2030 auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen.
Strittig ist dagegen der Ausstieg aus den fossilen Energien Kohle, Öl und Gas. Zwar existiert eine solche Forderung schon länger, doch auf den Klimakonferenzen spielt das Thema bislang eine eher untergeordnete Rolle. Erstmals gelang es den Staaten, sich 2021 auf der Klimakonferenz im schottischen Glasgow auf den „Abbau unverminderter Kohle“ zu einigen. Eine Vereinbarung, auch das Verbrennen von Öl und Gas auslaufen zu lassen, fehlt bislang.
Einigung bei Ausstieg aus fossilen Energien ungewiss
Nur wenige Länder wie Dänemark oder Costa Rica, die vor zwei Jahren eine entsprechende Initiative gegründet hatten, unterstützen einen solchen Schritt. Viele weigern sich. Auch Deutschland fordert nicht den kompletten Ausstieg aus den Fossilen, was auch daran liegt, dass sich die Koalitionäre in der Bundesregierung nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten. Die EU, die für ihre Mitgliedsstaaten und damit auch für Deutschland, auf den Klimakonferenzen verhandelt, unterstützt den schrittweisen Ausstieg.
Der Gastgeber des Klimagipfels dürfte dagegen gegensätzliche Interessen haben. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind einer der größten Erdgas- und vor allem Erdöl-Produzenten und sie planen, die Fördermengen von Öl und Gas noch weiter zu erhöhen. Zum Präsidenten der diesjährigen Konferenz wurde Sultan Al Jaber ernannt, der Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Chef des staatlichen Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) ist. Doch als COP28-Präsident muss er in den kommenden zwei Wochen unterschiedliche Positionen zusammenbringen. Kritiker:innen bezweifeln, dass ihm das gelingen wird.
Noch vor Monaten sprach Al Jaber davon, dass man zwar aus den fossilen Emissionen aber nicht aus den Fossilen selbst aussteigen müsse. Damit spielte Al Jaber auf den Einsatz umstrittener Technologien zum Abscheiden und Auffangen von CO2 an, um auch weiterhin Öl und Gas zu verbrennen. Das dabei entstehende CO2 soll unter die Erde verfrachtet werden.
Streitpunkt Finanzen
Großes Streitthema auf bisher jeder Klimakonferenz war das Geld. Das dürfte sich auch dieses Jahr so wiederholen. Dabei geht es zum einen um die Ausstattung des im vergangenen Jahr eingerichteten Fonds für Schäden und Verluste. Der Fonds soll Entwicklungsländer bei der Bewältigung von klimabedingten Schäden und -verlusten unterstützen. Erst vor wenigen Wochen gab es eine Einigung, wie der Fonds aussehen soll, die Weltbank soll den Fonds übergangsweise verwalten. In Dubai geht es vor allem um konkrete Finanzzusagen. Beobachter:innen rechnen damit, dass von der EU und den Vereinigten Arabischen Emiraten im Verlauf der COP Zusagen kommen könnten.
Zum anderen geht es um die internationale Klimafinanzierung, die die Industrieländer den Entwicklungsstaaten für Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung zur Verfügung stellen. Laut dem jüngsten OECD-Bericht wird das schon lange zugesagte Ziel von 100 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 wahrscheinlich erreicht. Damit dürfte sich die Diskussion vor allem um die Klimafinanzierung nach 2025 und die Reform der multilateralen Finanzinstitutionen drehen. Aus Sicht der Entwicklungsländer sind sie durch höhere Zinsen bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds benachteiligt.
Sandra Kirchner