Menü

Ernährung in Gefahr

Die Klimakrise droht Hungerkrisen in den kommenden Jahr­zehnten zu verschärfen. Und bereits heute hat das veränderte Klima Einfluss auf die Produktion von Lebens­mitteln weltweit.

Ein Mann in einem Getreidefeld schneidet eine Ähre ab.
UN Photo/ Fred Noy

Hunger und Ernährungs­unsicherheit sind noch immer weit verbreitete Probleme – knapp drei Milliarden Menschen können sich aktuell keine gesunde Ernährung leisten. Sicher ist: Die Klima­krise wird diese Situation verschärfen. Laut Schätzungen des Welt­klima­rats (Inter­govern­mental Panel on Climate Change – IPCC) könnten im Jahr 2050 bis zu 183 Millionen weitere Menschen aufgrund von Klima­folgen Hunger leiden.

Schon jetzt wirkt sich die Klima­krise direkt auf die Produktion von Nahrungs­mitteln aus: So hat am Horn von Afrika seit dem Jahr 2020 eine langjährige Dürre Ernten und Weideland für Nutztiere zerstört. Im Jahr 2022 verwüsteten die historischen Regen­fälle und Über­schwemmungen in Pakistan nicht nur Felder, sondern auch wichtige Infra­strukturen wie Lager und Transport­wege für Nahrungs­mittel. Und auch in Deutsch­land, etwa in Branden­burg, gefährdet wieder­kehrende Trocken­heit jedes Jahr die angebauten Nutz­pflanzen. Neben Extrem­wetter­ereignissen, die durch die Klima­krise immer wahr­scheinlicher werden, stellen vor allem die zeitlichen Verschiebungen von Regen­fällen und Trocken­zeiten die Land­wirtschaft vor Heraus­forderungen. Das veränderte Klima begünstigt außer­dem den häufigeren Befall der Feld­früchte mit Schädlingen.

Klimafolgen für das gesamte Ernährungs­system

Die Klimakrise wirkt sich auf alle Dimensionen von Ernährungs­sicherheit aus: Knappe Ernten und steigende Preise führen dazu, dass gesunde Ernährung für viele Menschen nicht mehr er­schwinglich ist. Auch die Qualität und der Nähr­stoff­gehalt von Lebens­mitteln können durch veränderte Wachstums­bedingungen abnehmen, was einen Mikro­nährstoff­mangel bewirken kann.

Darüber hinaus verstärkt die Klima­krise bereits bestehende Be­drohungen für die globale Ernährungs­sicher­heit, wie bewaffnete Konflikte, Vertreibung und Wasser­knappheit. Die Klima­krise ist eine so große Bedrohung der Ernährungs­sicher­heit, weil sie auf ein dys­funktional auf­gestelltes Ernährungs­system trifft. Denn eigentlich werden genug Kalorien produziert, um alle Menschen zu ernähren, aber die Verteilung der verfüg­baren Nahrung ist ineffizient und sozial ungerecht. Gerade Frauen, Kinder und andere benach­teiligte Gruppen sind besonders häufig von Ernährungs­unsicher­heit betroffen. Durch zunehmende Ressourcen­knappheit wird die Klima­krise diese Verteilungs­fragen verschärfen.

Kurz- und langfristige Maß­nahmen sind gefragt

Zwei Frauen in bunten Kleidern und mit kegelförmigen Hüten stehen gebeugt und knietief im trüben Wasser vor mehreren Reihen mit Gräsern.
Indigene Hmong-Frauen pflanzen Reissprösslinge in Bắc Hà im Norden Vietnams. (UN Photo/Kibae Park)

Ohne die Bekämpfung struktureller Ursachen von Hunger und Mangel­ernährung werden Klima­folgen für die mensch­liche Ernährung noch gravierender ausfallen. Neben kurz­fristiger humanitärer Hilfe bei aus­gefallenen Ernten und Extrem­wetter­ereignissen, wie sie unter anderem das Welt­ernährungs­programm der Vereinten Nationen (World Food Programme – WFP) leistet, braucht es also vor allem ein Um­denken in der Produktion und Verteilung von Nahrung, um Ernährung lang­fristig auf umwelt­schonende und sozial gerechte Weise zu sichern. Fair­ness gegenüber Produzentinnen und Produzenten sowie die Förderung viel­fältiger Anbau­produkte sind dabei grund­legend.

Zudem müssen Früh­warn­systeme für Extrem­wetter­ereignisse ausgebaut werden und Klein­bäuerinnen und -bauern müssen besseren Zugang zu Finanzierung erhalten, um ihre Produkte und Anbau­methoden auf ein verändertes Klima einzustellen. Traditionelles und indigenes Wissen kann dabei helfen, lokal angepasste oder besonders widerstands­fähige Nutz­pflanzen zu identifizieren und sie im Einklang mit dem lokalen Öko­system anzubauen. In Bereichen wie Weiter­verarbeitung und Lagerung muss zudem das Problem der Lebens­mittel­verluste angegangen werden. Klar ist: Um die abseh­baren Klima­folgen für die welt­weite Versorgung mit Nahrungs­mitteln abzumildern, müssen auch die Grund­ursachen von Ernährungs­unsicherheit ange­gangen werden.

Gemeinsam mit einer Viel­zahl zivil­gesellschaftlicher Akteure und Nicht­regierungs­organisationen arbeiten mehrere UN-Einrichtungen an Ernährungs­sicherung in Zeiten der Klima­krise. Hierzu zählen die Ernährungs- und Land­wirtschafts­organisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization – FAO) und der Inter­nationale Fonds für land­wirtschaftliche Entwicklung (International Fund for Agricultural Development – IFAD), der vor allem Klein­bäuerinnen und -bauern finanziell unter­stützt. Der Welt­ernährungs­ausschuss (Committee on World Food Security) als Neben­organ der UN soll die welt­weiten Bemühungen für Ernährungs­sicherheit koordinieren und ermöglicht dafür auch die Teil­nahme von Zivil­gesellschaft und indigenen Gruppen.

Emma Beelen, Aktion gegen den Hunger