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UN-Klimaabkommen unterzeichnet: „Jeder hat die Verantwortung, seinen Teil beizutragen“

„Dies ist ein historischer Augenblick. Niemals zuvor hat eine solch große Zahl von Ländern ein internationales Abkommen an einem einzigen Tag unterzeichnet", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am 22. April 2016 bei einer feierlichen Zeremonie zur Unterzeichnung des Klimaabkommens von Paris.

Farbenfrohes Logo mit einem grünen Blatt in der Mitte
Das offizielle Logo der feierlichen Veranstaltung zur Unterzeichnung des UN-Klimaabkommens in New York.

Der UN-Generalsekretär forderte die Staaten zu einer möglichst raschen Ratifizierung des Abkommens auf, damit es völkerrechtlich bindend wird. Er hob hervor, das Klimaabkommen habe "die Kraft, eine bessere Welt aufzubauen". Er beschrieb die Dramatik des Kampfes gegen den Klimawandel mit diesen Worten: „Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit.“

Der französische Präsident François Hollande, der im letzten Dezember bei der UN-Klimakonferenz in Paris entscheidend zum Abschluss des Abkommens beigetragen hatte, forderte nun in New York zum raschen Handeln auf nationaler Ebene auf: „Wir müssen sicherstellen, dass unsere Worte zu Taten werden. Niemand hat die Verantwortung, alles zu tun, aber jeder hat die Verantwortung, seinen Teil beizutragen."
 

Eine lange Schlange von Unterzeichnern

Nach feierlichen Eröffnungsansprachen unterzeichneten die Vertreterinnen und Vertreter von 174 Ländern und der EU das Klimaabkommen. Von dem Abkommen gibt es nur dieses eine Original mit dem vollständigen Text in den sechs offiziellen UN-Sprachen (Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Arabisch und Chinesisch).

Erster in der langen Schlange der Unterzeichner war der französische Präsident François Hollande. Unter den weiteren führenden Politikerinnen und Politikern waren Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, Kanadas Premierminister Justin Trudeau und US-Außenminister John Kerry. Etwa 60 Staaten waren durch ihre Präsidenten oder Regierungschefs vertreten. Für Deutschland setzte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ihre Unterschrift unter das Abkommen.

Staaten, die nicht an der feierlichen Unterzeichnungszeremonie teilgenommen haben, können dem Abkommen in den nächsten Monaten und auch noch später beitreten, sogar noch nach seinem Inkrafttreten. Es wird aber erwartet, dass die allermeisten noch fehlenden Regierungen in nächster Zeit ihre Unterschrift unter das Abkommen setzen werden.

Der Sitzungsaal ist voller Menschen
Mehr als 170 Länder sandten Regierungsvertreterinnen und -vertreter nach New York, um sich an der feierlichen Unterzeichnung des UN-Klimaabkommens von Paris zu beteiligen. Foto: UN Photo/Mark Garten

Barbara Hendricks: „Raus aus dem fossilen Zeitalter“

Nach der Unterzeichnung folgten Ansprachen von Regierungsvertreterinnen und -vertretern vieler Länder. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ging in ihrer Ansprache auf die Bedeutung des Klimaabkommens ein: „Die Richtung ist klar: Raus aus dem fossilen Zeitalter. Raus aus einer Zeit, in der unsere Wirtschafts- und Lebensweise auf Kosten der Armen und zu Lasten kommender Generationen gehen. Hinein in eine Zeit, in der wir unseren Lebensstil und unsere Wirtschaft nachhaltig gestalten – in der wir die ökologischen Grenzen der Erde respektieren.“

Die Umweltministerin appellierte an die in New York vertretenen Regierungen: „Wir alle müssen das Ziel fest im Auge behalten, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Treibhausgasneutralität zu erreichen. Daran müssen wir unsere nationalen Beiträge ausrichten. Wir müssen kontinuierlich messen und unsere Ziele höher stecken. Nur so können wir die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten begrenzen. In Deutschland wollen wir voran gehen: Im Sommer dieses Jahres beschließen wir den Klimaschutzplan 2050, der in einem breiten Dialogprozess erarbeitet wird.“

Festlich geschmückt ist das Podium, Hendricks unterschreibt feierlich
Für Deutschland unterzeichnete Bundesumweltministerin Barbara Hendricks das Klimaabkommen von Paris und bezog anschließend in einer Ansprache deutlich Position für einen entschlossenen Klimaschutz. Foto: BMUB/Inga Wagner

Ratifizierungsprozess soll rasch vorankommen

Im Pariser Klimaabkommen ist festgelegt, dass es in Kraft tritt, wenn es von mindestens 55 Staaten ratifiziert wurde, die für nicht weniger als 55 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind. Es wird erwartet, dass dieser Prozess spätestens 2020 abgeschlossen sein wird.

Mit China und den USA stellten die beiden Länder mit den weltweit höchsten klimaschädlichen Emissionen in New York eine Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens noch in diesem Jahr in Aussicht. Der chinesische Vize-Regierungschef Zhang Gaoli kündigte an, sein Land werde den erforderlichen gesetzgeberischen Prozess noch vor dem G20-Gipfel im September in Hangzhou abschließen.

Die USA wollen noch in diesem Jahr dem Abkommen offiziell beitreten, erklärte US-Außenminister John Kerry in New York. Das Abkommen wurde bewusst so formuliert, dass der US-Präsident und nicht der Kongress für die Ratifizierung zuständig ist. Dafür wurde darauf geachtet, dass die USA mit dem Abkommen selbst keine neuen Verpflichtungen eingehen, die über amerikanisches Recht hinausgehen. In einem solchen Fall kann Präsident Barack Obama die Ratifizierung allein vornehmen. Die Verpflichtungen für die Unterzeichnerländer wurden in Zusatzvereinbarungen aufgenommen.

Ban Ki-moon spricht auf dem Podium
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat sich in den letzten Jahren unermüdlich für den Abschluss eines ambitionierten Klimaabkommens engagiert. Nun fordert er die Unterzeichnerstaaten des Abkommens auf, es rasch zu ratifizieren und die eingegangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz und zur Finanzierung von Klimaprogrammen zu erfüllen. Seine Ansprache kann auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=k0iGjNZtQuQ" target="_blank">YouTube</a> angesehen werden. Foto: UN Photo/Rick Bajomas

Eine Ratifizierung im US-Kongress wäre wegen der dortigen Mehrheitsverhältnisse nicht zu erwarten, und da der jetzige Präsident im Januar nächsten Jahres aus dem Amt scheidet, will er möglichst rasch Fakten schaffen. Dies ist um so wichtiger, als die republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump und Ted Cruz deutlich gemacht haben, dass sie nicht davon überzeugt sind, dass der Klimawandel durch menschliches Handeln verursacht wird.

Unklar ist, ob und mit welchem Erfolg republikanische Kongressabgeordnete gegen die Ratifizierung des Pariser Abkommens durch Präsident Obama gerichtlich vorgehen werden. In der Vergangenheit haben Abgeordnete oder Bundesstaaten wiederholt Klage vor dem Supreme Court gegen Umwelt- und Klimaentscheidungen von Präsident Obama erhoben.

Das Abkommen könnte schon deutlich vor 2020 in Kraft treten

15 Länder, fast ausschließlich kleine Inselentwicklungsländer, die vom Klimawandel besonders bedroht sind, brachten ihre Ratifikationsdokumente bereits mit nach New York. Darunter waren zum Beispiel Palau, Barbados und die Malediven.

In 55 anderen Ländern, darunter Deutschland, muss das Abkommen von den Parlamenten ratifiziert werden. Es wird erwartet, dass dies in den meisten Ländern problemlos geschehen wird, sodass die Zahl von insgesamt 55 Ratifizierungen in kurzer Zeit erreicht werden könnte. Wenn die USA und China mit ihren hohen Emissionen tatsächlich in diesem Jahr die Ratifizierung abschließen, ist auch die zweite Voraussetzung für das Inkrafttreten des Abkommens bald zu erfüllen. Damit könnte das Abkommen noch deutlich vor 2020 in Kraft treten. Sollte allerdings der Ratifizierungsprozess durch den US-Präsidenten aus juristischen Gründen scheitern und daraufhin auch China den Ratifizierungsprozess aussetzen, wäre der geforderte Anteil von 55 % an den weltweiten Emissionen für ein Inkrafttreten des Abkommens schwer zu erreichen.

Stimmen in Deutschland zur Unterzeichnung des Abkommens

Deutsche Umweltverbände mahnten am Rande der feierlichen Unterzeichnung des Klimaabkommens, den Worten nun Taten folgen zu lassen. „Feierliche Unterschriften alleine werden den Klimawandel nicht stoppen", warnte Karsten Smid von Greenpeace Deutschland. Er forderte einen gesetzlich verankerten Kohleausstieg in Deutschland bis 2035. Sonst „ist die deutsche Unterschrift in New York wertlos".

Dicaprio spricht auf dem Podium
Der bekannte US-Schauspieler Leonardo DiCaprio hielt als UN-Friedensbotschafter für den Klimaschutz eine Ansprache während der Zeremonie zur Unterzeichnung des Klimaabkommens. Er drängte die Weltgemeinschaft zur Beendigung des Einsatzes fossiler Energieträger: „Unser Planet kann nicht gerettet werden, wenn wir fossile Brennstoffe nicht im Boden lassen.“ Er forderte: „Eine massive Veränderung ist jetzt nötig.“ Die Ansprache steht auf Englisch auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=m-FM845giaI" target="_blank">YouTube</a> zur Verfügung. Foto. UN Photo/Rick Bajomas

Das UN-Abkommen sei ein „noch zu erfüllendes Versprechen an kommende Generationen“, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Für Deutschland bedeute dies beispielsweise, ein Kohleausstiegsgesetz auf den Weg zu bringen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, statt ihn zu deckeln. Der BUND-Vorsitzende ist zu dieser Einschätzung gelangt: „Das Abkommen bietet keine Garantie zur Begrenzung der Erderwärmung, aber es motiviert zu mehr Tempo beim Klimaschutz. Heute wird der Paris-Vertrag gefeiert, schon morgen muss der Ausstieg aus fossilen Energien beschleunigt werden.“

Als „starkes Signal der Weltgemeinschaft" stuft die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die Unterzeichnungszeremonie des Pariser Klimaabkommens ein. „Es haben noch nie so viele Staaten am ersten Tag der Unterzeichnungsperiode einen völkerrechtlichen Vertrag unterschrieben", sagte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. „Damit ist die Unterzeichnung mehr als ein formaler Akt. Die Staatengemeinschaft betont eindrucksvoll die große Bedeutung, die sie dem Abkommen beimisst."

Er fügte hinzu: „Deutschland und die EU nehmen die Paris-Umsetzung jedoch noch auf die leichte Schulter. Der bisherige Klimavorreiter Deutschland droht sein 2020-Emissionsziel krachend zu verfehlen. Der überfällige Einstieg in den Kohleausstieg kommt nicht voran und Verkehrsminister Dobrindt verschleppt die Verkehrswende."

Germanwatch und mehr als 40 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen aus den unterschiedlichsten Bereichen fordern darum nun, ambitionierte Klimaschutzziele gesetzlich festzuschreiben. Für das Jahr 2050 müsse das deutsche Klimaschutzziel auf mindestens 95 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 angehoben werden. Außerdem fordern die Organisationen den schnellen Einstieg in den Kohleausstieg, eine Verkehrswende und eine ambitionierte Reform des Emissionshandels.

Ottmar Edenhofer, der Chef-Ökonom des „Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung“ (PIK) und Direktor des „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change“ (MCC), äußerte zur Unterzeichnung des Abkommens: „Um Klimarisiken zu begrenzen, muss das Abkommen von Paris jetzt rasch umgesetzt werden – so klar die Ziele sind, so unklar ist der Weg. Weltweit werden massenweise neue Kohlekraftwerke gebaut. Helfen kann hier das ökonomische Prinzip: Wer dem Klima schadet, und damit uns allen, der muss zahlen. Dann lohnen sich Investitionen in saubere Innovationen. Auch Europas Emissionshandel ist ein Sanierungsfall.“

„Heute ist ein bemerkenswerter, Rekorde brechender Tag in der Geschichte der internationalen Zusammenarbeit zum Klimawandel und zu einer nachhaltigen Zukunft für Milliarden Menschen, die heute leben und die nach uns kommen werden.“

Christiana Figueres, Exekutivsekretärin des UN-Klimasekretariats UNFCCC

Die nächsten Schritte

Im November 2016 findet die nächste UN-Klimakonferenz im marokkanischen Marrakesch statt. Zu den Themen gehören die Transparenz bei der Umsetzung von Zusagen sowie Sofortmaßnahmen beim Klimaschutz vor 2020. 2018 sollen die eingereichten nationalen freiwilligen Emissionsreduktionsziele (INDC) erstmals darauf überprüft werden, ob sie ausreichen, um die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad und möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Wenn das nicht der Fall ist, sollen möglichst bis 2020 Nachbesserungen erfolgen.

Von 2020 an sollen die Industriestaaten ärmeren Ländern jährlich hundert Milliarden Dollar für den Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zur Verfügung stellen. Bis 2025 soll ein neuer, höherer Betrag ausgehandelt werden.

Getrude Clement singt auf dem Podium
Getrude Clement aus Tansania, die mit 16 Jahren bereits Radioreporterin ist und sich als UNICEF-Klimabotschafterin für den Klimaschutz engagiert, hielt während der Unterzeichnungszeremonie eine Ansprache vor den Delegationen aus mehr als 170 Ländern. Darin forderte sie im Namen der Jugend: „Wir erwarten Ihr Handeln, ein sehr umfangreiches Handeln, und wir erwarten dieses Handeln heute, nicht erst morgen.“ Hoffnungsvoll betonte die Jugendliche: „Die Zukunft gehört uns, und sie ist vielversprechend.“ Die Ansprache ist auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=qKNwR4nLLo8" target="_blank">YouTube</a> zu finden. Foto: UN Photo/Rick Bajomas

Die „Baustelle“ Emissionshandel

Um die globalen Klimaziele zu erreichen, kommt dem Emissionshandel eine große Bedeutung zu. Unternehmen müssen im Rahmen solcher Vereinbarungen ihre klimaschädliche Emissionen auf festgelegte Mengen begrenzen. Wenn sie die Ziele nicht erreichen, müssen sie Emissionsrechte von anderen Unternehmen erwerben. Dieser Emissionshandel wird u. a. innerhalb der EU betrieben, leidet aber seit Jahren unter einem Überangebot an Emissionszertifikaten, die deshalb nur noch einen minimalen Preis haben. Damit geht die klimapolitische Steuerungsfunktion des Emissionshandels verloren.

Mehrere Staaten – darunter Deutschland, Frankreich, Mexiko und Kanada – haben eine „Carbon Pricing Leadership Coalition“ gegründet. Daran haben sich bisher auch rund 90 Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen beteiligt. Ziel der Koalition ist es, weltweit auf Emissionshandelssysteme oder auf Steuern auf den CO2-Verbrauch zu werben.

Nach der Verabschiedung des Klimaabkommens warten also zahlreiche „Baustellen“ auf die einzelnen Regierungen und Gesellschaften, aber auch auf die Gemeinschaft der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. Die nächsten UN-Klimaverhandlungen finden bereits in der zweiten Maihälfte 2016 in Bonn statt.

(Frank Kürschner-Pelkmann)

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